12. August 2021: Neue Bücher über Mauthausen: Band 2: Deportiert nach Mauthausen

Der zweite Band „Deportiert nach Mauthausen“ geht der Frage nach, auf welche Weise Häftlinge aus zahlreichen europäischen Ländern in den KZ-Komplex Mauthausen
gebracht wurden. Die Deportationen, die Transfers von Häftlingen innerhalb des gesamten NS-Lagersystems und die Todesmärsche führten zu einem ständigen Wandel in der „Binnenwelt“ der Konzentrationslager. Trotz der Allpräsenz des gewaltsamen Todes weichen die Schicksale der KZ-Insassen in ihrer Pluralität beträchtlich voneinander ab. Nicht das „Leben“ in Mauthausen, sondern die langen, oft mit vielen Vor-Aufenthalten in Gefängnissen, Zwangsarbeitslagern, Ghettos etc. werden im Buch behandelt und oft genug mit erschütternden Zitaten aus den Interviews belegt.

Bereits seit den 1990er Jahren werden Überlebende zunehmend mit dem Holocaust identifiziert während jüdische Überlebende zuvor in der Erinnerung unterrepräsentiert waren. Es fand eine Wende des Gedenkens, die von politischen Häftlingen aus dem Widerstand geprägt war, hin zu einer post-heroischen Erinnerungskultur statt.
Weiter marginalisiert blieben allerdings Häftlinge, die den schwarzen oder den grünen Winkel tragen mussten – Österreicher in Mauthausen gehörten überwiegend zu diesen beiden Gruppen.

Im Buch werden die Schicksale von fünf Österreichern vorgestellt (Hermann Lein, Josef Hechenblaikner, Josef Redlicher, Fritz Kleinmann und Josef Horvath). Umfangreicher sind die Beiträge über Überlebende aus Polen und der früheren Sowjetunion, stammen doch die meisten Häftlinge und Überlebenden aus diesen Ländern. Es schockiert lesen zu müssen, dass Russen und Ukrainer, die ein KZ überlebt hatten, 1945 in ihrer Heimat gerade deshalb noch einmal Verfolgung und Internierung ertragen mussten. Für Stalin waren Überlebende der KZ bzw. der Kriegsgefangenschaft Verräter…

Die einzelnen Beiträge und deren Schwerpunkte unterscheiden sich zum Teil recht stark. Besonders hingewiesen wird auf jene über „Weibliche Häftlinge im KZ-System Mauthausen“ und über die Endphasenverbrechen, die sehr detailliert und informativ sind.

Resümee: Zwei sehr wichtige Bücher mit extrem vielen Fußnoten und einem 35-seitigen bzw. 70-seitigen Quellen- und Literaturverzeichnis.

Gerald Netzl

Alexander Prenninger, Regina Fritz, Gerhard Botz, Melanie Dejnega:
Deportiert nach Mauthausen.
Böhlau Verlag, Wien, 2021, ISBN 978-3-205-20785-6, 711 Seiten, € 48,00

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