1. April 2022: Jasenovac

Das in Kroatien gelegene Jasenovac ist kein gewöhnlicher Erinnerungsort
an die Opfer des Faschismus. Der Ort ist im Ausland kaum bekannt und
hat eine äußerst komplizierte Vergangenheit. Gerald Netzl hat Gedenkstätte und Museum für den „Kämpfer“ besucht.
Im April 1941, nach der militärischen Niederlage Jugoslawiens, rief der
kroatische Faschistenführer Ante Pavelić den sog. Unabhängigen Staat
Kroatien (NDH) aus. Er tat dies von Hitlers und Mussolinis Gnaden. Dieser Staat umfasste ziemlich genau das Territorium des heutigen Kroatien
und Bosnien-Herzegowina. In diesem Vielvölkerstaat stellten die KroatInnen weniger als 60 % der Bevölkerung. Annähernd zwei Millionen der 6,5
Millionen EinwohnerInnen waren SerbInnen, weiters 800.000 Muslime,
über 150.000 Deutsche und knapp 40.000 Jüdinnen und Juden, UngarInnen, Roma und SlowenInnen. Die Ustaša (dt.: „Der Aufständische“) wollte
mit Druck und Terror ein „serbenfreies“ Großkroatien errichten. „Unerwünschte“ Personen konnten willkürlich, ohne rechtstaatliche Grundlage,
für drei Monate bis drei Jahre in neu eingerichtete Arbeits- und Konzentrationslager eingewiesen werden. Viele Häftlinge in den Lagern starben
infolge von Krankheit, Epidemien, Erschöpfung oder Misshandlung, bald
kamen Massenexekutionen hinzu.
1941 errichtete man in Jasenovac auf 240 km2
einen Lagerkomplex mit
insgesamt fünf Abschnitten. Um immer wieder Platz für Neuankömmlinge zu schaffen wurden die Lagerinsassen alle zehn bis fünfzehn Tage einer
Selektion unterzogen. Die Schwachen und Kranken wurden ausgesondert
und ermordet. Forschungen zur Zahl der Opfer des Zweiten Weltkrieges in Jugoslawien ergaben, dass ca. 290.000 der 1,9 Millionen SerbInnen
sowie die große Mehrheit der 30.000 bis 40.000 Juden und der 25.000
bis 40.000 Roma, die zu Kriegsbeginn auf dem Einflussgebiet der Ustaša
lebten, ermordet wurden. Im Museum Jasenovac wird allein für diesen Ort
eine Zahl von 82.000 getöteten Menschen genannt!
Wikipedia informiert, dass sie Tötungen zunächst mit Schusswaffen, später vor allem mit Messern, aber auch Hacken, Beilen, Äxten und Hämmern vorgenommen wurden. Es wurde dabei auch ein Garbenmesser
einer deutschen Firma benutzt, das als Srbosjek („Serbenschneider“) bezeichnet wurde. Mit diesen und einigen anderen Methoden wandelte sich
das Konzentrationslager in ein Schlachthaus. Nach Gefangenenzahlen war
Jasenovac eines der größten Lager in ganz Europa. Es war der einzige Vernichtungsort im deutschen Machtbereich im Zweiten Weltkrieg in Europa,
in dem ohne deutsche Beteiligung planmäßig gemordet wurde.
Am 2. Mai 1945 rückten Einheiten der Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee in Jasenovac ein, das Lager wurde von der Ustaša zuvor in Schutt und
Asche gelegt. Von 1945 bis 1948 haben die jugoslawischen Kommunisten
politische Gegner dort eingesperrt. 1968 wurde die Gedenkstätte eröffnet.
Im Krieg zwischen Serbien und Kroatien nahmen serbische Einheiten im
Herbst 1991 die Stadt Jasenovac samt der Gedenkstätte ein, das Museum
wurde zerstört, wobei die Ausstellung in die Serbische Republik transportiert und später dem US Holocaust Memorial Museum in Washington D.
C. übergeben wurde. Im Mai 1995 eroberte die kroatische Armee das Gebiet zurück, im Dezember 2001 wurde die restaurierte Ausstellung nach
Jasenovac zurückgebracht. Das große Denkmal (Die Blume) wurde 2002
renoviert. Fazit: Zu Unrecht ist der Ort mit seiner extremen Geschichte
weitgehend unbekannt. Jasenovac ist ein wichtiges Reiseziel, ein wichtiger
Gedenk- und Lernort für AntifaschistInnen.


Gerald Netzl

Aus Kämpfer

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