„Nachhaltig vorausschauen“ lautet das Jubiläumsmotto der BOKU. Was die Uni jedoch nicht macht, ist zurückschauen auf die eigene brauen Vergangenheit. Nina Mathies, Sozialsprecherin des VSStÖ, hat deswegen eine Broschüre verfasst, in der die Zeit von 1931 bis 1945 aufgearbeitet wird.
Die meisten Universitäten prägt eine düstere Vergangenheit in den Jahren des Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Was die BOKU herausstechen lässt, ist ihre Geschichte in der Ersten Republik. Schon weit vor 1934 öffnete die BOKU Tür und Tor für deutschnationales Gedankengut und wurde so zum Sammelbecken des rechten Randes.
Kursiert man heute im Umfeld der BOKU, fällt es schwer, Informationen über ihre faschistische Geschichte zu finden. Wie so oft wird dieser Teil der Geschichte lieber ausgeblendet anstatt aufgearbeitet. Um dieses Informationsleck zu schließen, wurde unter dem Titel „Braune Kehrseiten – die faschistische Geschichte der Universität für Bodenkultur“ versucht, die vorhandenen Informationen zu bündeln.
Die BOKU vor 1934
Gegründet wurde die BOKU 1872. Grund dafür war die angespannte Stimmung in der Monarchie und der Wunsch nach einer deutschsprachigen Ausbildungsmöglichkeit für Landwirtschaft. Schon früh lockte die BOKU also nicht nur LandwirtInnen, sondern auch jene, die besonders stolz auf ihre Deutschsprachigkeit und Nationalität waren. Die durch den Ersten Weltkrieg entstandene Armut führte zu einem Rechtsruck in der Gesellschaft, der sich an der BOKU deutlich äußerte. Bereits 1919 gab es mit Adolf Ostermayer den ersten offen deutschnationalen Rektor.
Die Studierenden wurden damals nach „volksbürgerlichem Prinzip“ vertreten und in ihre „Ethnien“ eingeteilt. Diese rassistischen Einteilungen wurden „Studentennationen“ genannt. Besetzt war sie vor allem von Deutschnationalen und Burschenschaftern, Belege von rassistischen Tätigkeiten gibt es viele. Bereits 1930 verwendete sie das Hakenkreuz als ihr offizielles Logo.
Nach der Machtübernahme Hitlers in Deutschland wurde am 8. März 1933 im Festsaal eine „Anschlussfeier“ abgehalten. Sie wurde von unzähligen Studierenden und Lehrenden besucht. In NSDAP-Parteiuniform, mit rechtsextremen Redebeiträgen und Hakenkreuzfahnen wurde Hitler gefeiert. Tage später wurden SS-Plakate an der BOKU affichiert und Hakenkreuzfahnen am Haupthaus aufgehängt.
Die BOKU im Austrofaschismus
Der Austrofaschismus durch Dollfuß führte stark zu Repression und Militarisierung der BOKU-Studierenden. Einem Bundeskommissär der Vaterländischen Front – Otto Skrbensky – wurden die Leitungsaufgaben der BOKU übertragen. Mit dem Verbot der Parteien bildete sich an der BOKU eine Gruppe sozialistischer Widerständiger. Sie traf die Repression des austrofaschistischen Staates besonders: Ein Forststudent wurde im Mai 1934 in seiner Wohnung festgenommen, weil er an einer ArbeiterInnenzeitung mitschrieb. Ein einstimmiges Votum der ProfessorInnen verwies ihn lebenslang von allen Universitäten in Österreich und inhaftierte ihn.
Gleichzeitig wurde der nationalsozialistische Terror an der BOKU fortgeführt. Mehrere Male starteten die NSDAP-Studierenden Böller- und Bombenangriffe auf die Universität und verteilten antisemitische Flugblätter.
Die BOKU im Nationalsozialismus
Auch an der BOKU wurden die Nazis mit Parteiuniform und Hakenkreuzfahne begrüßt. Jüdische und widerständige Universitätsmitarbeitende wurden der Universität verwiesen, die Restlichen mussten in einem Eid Hitler die Treue schwören. Jüdische Studierende konnten noch inskribiert bleiben, wurden jedoch von allen Prüfungen ausgeschlossen und sukzessive in Konzentrationslager deportiert.
Auch von der Arisierung profitierte die BOKU massiv. Mehrere jüdische LandwirtInnen wurden von den Nazis zwangsenteignet und deren Land der BOKU zugesprochen. So konnte sich die BOKU zu Spottpreisen um große Grundstücke bereichern.
Kontinuitäten und Verantwortung
1945 wurde Österreich von der Roten Armee befreit. Damit hob sich auch an der BOKU die Schreckensherrschaft und die Entnazifizierung setzte ein. Was personell recht gut verlaufen ist, hat inhaltlich und thematisch Jahrzehnte angedauert. Auch in den darauffolgenden Jahren hat es immer wieder Wellen des erstarkenden Rechtsextremismus an der Uni gegeben.
Diese faschistischen Kontinuitäten gilt es zu erkennen und im Keim zu ersticken. Es liegt in unserer Verantwortung, dass sich die Geschichte niemals wiederholt. Niemals vergeben, niemals vergessen.
Die ganze Broschüre gibt es online zum Nachlesen unter http://www.oehboku.at/fileadmin/user_upload/braune_Kehrseiten_Broschuere.pdf
Fotos:

Braune Kehrseiten_Foto der BOKU am Tag des Anschlusses von Österreich: Quelle: Archiv der Universität für Bodenkultur Wien
Braune Kehrseiten_Nina Mathies: Quelle: VSStÖ

Quelle „Der Sozialdemokratische Kämpfer 4/2022“ http://www.freiheitskaempfer.at/wp-content/uploads/2022/12/FK_2022_04_WEB.pdf