23. März 2023: Zeitgeschichte Museum der Voestalpine in Linz

Seit 2014 erinnert das Traditionsunternehmen Voestalpine in einem eigenen Museum an die NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der „Reichswerke Hermann Göring“, wie das Unternehmen bei Gründung und bis 1945 hieß. Grundlage dafür waren 1999 begonnene Forschungen unter Leitung von Prof. Oliver Rathkolb.

Niemals zuvor arbeiteten in Oberösterreich mehr ausländische Arbeitskräfte als während der NS-Zeit: Das Gros von ihnen waren zwangsverpflichtete zivile AusländerInnen, KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene. 1943 kam jede/r dritte Beschäftige (!) im Gau „Oberdonau“ aus dem Ausland – doppelt so viele wie im Rest des Deutschen Reiches. In der „Führerstadt“ Linz wurde ab 1938 ein Eisen- und Stahlwerk errichtet, das ab 1941, als der erste Hochofen angeblasen wurde, sukzessive in Betrieb ging. Die Pläne lagen übrigens schon vor dem „Anschluss“ in der reichsdeutschen Lade, der Spatenstich erfolgte am 13. Mai. Das Werk, ein überdimensionierter NS-Prestigebau, war wesentlicher Bestandteil der NS- Rüstungsindustrie. Seine Produkte gingen vor allem an die Rüstungsbetriebe in Steyr und St. Valentin. Beim Aufbau und Betrieb der Reichswerke Hermann Göring in Linz wurden 38.000 ausländische ZwangsarbeiterInnen eingesetzt: Männer und Frauen (ca. 10 %), Jugendliche und sogar Kinder aus mehr als dreißig Nationen. Die meisten kamen aus Frankreich, Italien, der ČSR, Polen und der Sowjetunion. 7.800 der 38.000 Menschen waren KZler, das auf dem Werksgelände befindliche Lager Linz 3 war das fünftgrößte Außenlager Mauthausens (ein Gedenkstein auf dem Gelände des SK Voest erinnert daran). Besonders tragisch: Viele befreite SowjetbürgerInnen wurden zur Strafe, dass sie das Nazi-Lager überlebt haben, von ihren Behörden nach Sibirien deportiert.

Das durchgängig zweisprachige (Deutsch, Englisch), modern gestaltete Museum ist in vier Bereiche gegliedert: 1) Nationalsozialismus und Linz (Hintergründe des Museums – Systematik der NS-Zwangsarbeit – Aufbau der Hermann-Göring-Werke in Linz), 2) Zwangsarbeit und ihre Erscheinungsbilder (Rekrutierung – Willkür und Unterdrückung – Reglementierung des Arbeitseinsatzes), 3) Das menschliche Schicksal (Schicksale und Leidenswege der Menschen der unterschiedlichen hierarchischen Gruppen) sowie 4) Zerstörung und Wiederaufbau (Kriegsende und Befreiung – Die Zeit danach – NS Eliten nach 1945 – menschliche Schicksale nach 1945). 2019, zum fünfjährigen Bestehen des Museums, entstand eine kleine, ergänzende Sonderausstellung. Denn seit der Eröffnung wurde es zu einem Erinnerungsort, zu einer Anlaufstelle für Angehörige, die auf der Suche nach Hinweisen über das Leben und Leiden ihrer Lieben während der Nazi-Zeit waren. Acht Personen standen dafür im Mittelpunkt als Beispiele, wie unterschiedlich die Schicksale im Zusammenhang mit den Hermann-Göring-Werken waren. Gleichzeitig zeigt die Sonderausstellung, wie Angehörige durch ihre persönlichen Geschichten und Dokumente das Archiv und die Dokumentation der Voestalpine weiter ergänzen und so einen wichtigen Beitrag für die ständige Erinnerungsarbeit leisten.

Das Museum ist unbedingt zu besuchen, ein Blick auf die Homepage hilft bei der inhaltlichen Vorbereitung und informiert über Anfahrt, Öffnungszeiten etc. Im Museum gibt es eine informative 24-seitige Broschüre (D, Engl., CZ, IT, FR).

Webtipp: http://www.voestalpine.com/zeitgeschichte/Museum

Gerald Netzl

Foto: ZeitgeschichteMuseumLinz.jpg Credits: Zeitgeschichte MUSEUM

Fototext: Blick in die Ausstellung des Zeitgeschichte Museums

Quelle „Der Sozialdemokratische Kämpfer 4/2022“ http://www.freiheitskaempfer.at/wp-content/uploads/2022/12/FK_2022_04_WEB.pdf

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