Zum Ableben von Sally Perel hat dessen Sohn der SPÖ-Bundesbildungsorganisation eine berührende Nachricht geschrieben:
„Mein Vater war der von Sally Perel beschriebene Hitlerjunge Salomon. Er wusste nicht, dass er einen jüdischen Zahnarzt als Erzeuger hatte und war in seiner Kindheit überzeugter Nationalsozialist. Weiß, blauäugig, im Erscheinungsbild „arisch“. Ein guter Turner am Reck und Primus seiner Klasse an der Wallschule. Auf einer Familienfeier soll er als Pimpf laut meinem Stiefgroßvater geschrien haben, dass man mit den Knochen der anwesenden sozialdemokratisch/kommunistischen Verwandtschaft die Sümpfe vor Leningrad zuschütten sollte, damit die Panzer der Wehrmacht in die Stadt einrollen könnten.
Die Entscheidung der Wannseekonferenz, dass auch Halbjuden in die Konzentrationslager und Gaskammern wandern sollen, ungeachtet des jüdischen Gesetzes, dass man nur dann Jude ist, wenn man eine jüdische Mutter hat, und ungeachtet der nationalsozialistischen Blutideologie (germanisches Blut übertrifft semitisches) hat ihn dann als Angehörigen der Organisation Todt vom Atlantikwall bei Caen nach Berlin zurückbeordert.
Das Schlageter-Denkmal auf dem Peiner Luhberg gibt Zeugnis über die antisemitische Einstellung der lutherisch geprägten Gemeinde. Und die Textstelle „meine erste Unsicherheit…“ in dem von Detlef Creydt herausgegebenen Buch „Zwangsarbeit für Industrie und Rüstung im Hils 1943 bis 1945, Band 4“ ist gegensätzlich zu dem, was Hans Karl Rudolf Masanke, mein Vater, mir, seinem Sohn Christian Hans Hermann Masanke, erzählt hat. Demnach war seine erste Verunsicherung in der Musterungskommission des Wehrbezirks Hildesheim. Der Beschreibung meines Vaters nach gab es eine Einflüsterung in die Musterungskommission, die ihn untauglich für den Dienst in der deutschen Wehrmacht gemacht hat. Auf welche Weise auch immer, mit Zuspruch seines Lehrherren H. Nothdurft, hat er eine Uniform der Organisation Todt erhalten und konnte beim Bau des Atlantikwalls Leistung zeigen.
Auf dem Weg von Caen nach Berlin, ausgerüstet mit einem Marschbefehl, ahnt er das Ungemach. Er zögert die Meldung beim Amt OT in Schlachtensee hinaus. Wird aufgegriffen und kriegt im Hauptquartier der OT den Marschbefehl ganz ähnlich dem Befehl des Kaisers Augustus „zurück auf Anfang“. Er geht verzögerungstaktisch zu Fuß von Berlin nach Peine. Hinter ihm geht Braunschweig im Flammenmeer auf. Er trifft bei seiner Verhaftung in der Peiner Heinrichstraße auf dem Pritschenwagen seinen Halbbruder Klaus Traube. Er flüchtet aus dem Lager im Hils mit seinem Halbbruder zusammen in die Peiner Goethestraße und schlüpft bei Tante Milda unter, entgeht knapp dem Verrat eines Bunkerwarts und wird befreit von den Amerikanern. Die bezichtigen ihn der Angehörigkeit zum Werwolf, weil er auf der Parade der amerikanischen Besatzungstruppe auf der Woltorfer Straße eine der weggeworfenen, eben angezündeten Zigaretten [ich bilde mir als Sohn ein: „gegenüber General Patton“, und es waren Zigarren], die ansonsten begierig aufgesammelt wurden, mit einem Grinsen mit der Fußspitze ausdrückt.
Lieber Sally Perel, der Du nun auf der anderen Seite der Fuhse auf all die Seelen triffst, die es gut meinten mit unserer Stadt, mit unserem Städtle, mit der gedachten Welthauptstadt des säkularen Weltjudentums, mit Hermann Löns, Hoffmann von Fallersleben, Helgoland und Sylt, Madagaskar und Sansibar. Schalomm!
Dein Christian“
