Mit über 200 Online-Teilnehmer:innen war das 8. Barbara-Prammer-Symposium am Montag 14. Jänner 2022 ein eindrucksvoller Auftakt in das feministische Jahr. Es hat sich heuer intensiv mit der Istanbul-Konvention und dem Thema „gewaltfrei Leben“ auseinandergesetzt und namhafte Expert:innen zum Austausch geladen. Die Beiträge und Keynotes können hier
https://renner-institut.at/blog/8-barbara-prammer-symposium
nachgesehen werden.
Das Barbara-Prammer-Symposium hat sich heuer intensiv mit der Istanbul-Konvention auseinandergesetzt und namhafte Expert:innen zum Austausch geladen. Die Istanbul-Konvention ist das weitreichendste international rechtsverbindliche Instrument, mit dem Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt geschützt werden sollen. War Österreich in der Erstellung des Regelwerks vor 11 Jahren mit seinen Gewaltschutzgesetzen, dem Recht auf Prozessbegleitung oder den Anti-Stalking-Maßnahmen Vorbild, scheint unser Land in Sachen Gewaltschutz wieder zurückzufallen. Die Situation in anderen europäischen Staaten stellt sich noch dramatischer dar. So ist die Türkei bereits aus der Istanbul-Konvention ausgetreten, andere Staaten wie Polen, Slowenien und die Slowakei bereiten einen Austritt vor. Fundamentalistische, autoritäre Organisationen versuchen zunehmend, internationales Recht zu unterlaufen.
Dass akuter Handlungsbedarf in Österreich besteht zeigen zumindest 31 Frauenmorde im vergangenen Jahr. Die erste Keynote-Sprecherin, Rosa Logar, brachte die Forderung zahlreicher Gewaltschutzorganisationen nach einer Budgeterhöhung um 228 Millionen Euro vor: „Derzeit betreut eine Beraterin etwa 250 bis 300 Betroffene im Jahr. Wir können mit den derzeitigen Mitteln jeder Betroffenen nur etwa sieben Stunden pro Jahr widmen. Das reicht einfach nicht. Wir fordern daher einen gesetzlich festgelegten Betreuungsschlüssel für die Beratungsstellen für von Gewalt betroffene Frauen!“ Auch die zweite Keynote-Sprecherin, Johanna Nelles verwies auf eine verbindliche Empfehlung der GREVIO, dem unabhängigen Expert:innenorgan zum Monitoring der Istanbul-Konvention, finanzielle Mittel auszuweiten. Empfohlen wurde ebenso die Einführung einer Rechtsgrundlage zur Finanzierung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten. Außerdem zeigte der GREVIO-Bericht, auf, dass in Österreich Unterstützung und Beratung nicht allen Gruppen von Frauen gleichermaßen zugänglich sind. Das Angebot müsste besonders für marginalisierte Gruppen von Frauen wie Frauen mit Behinderungen, asylsuchende Frauen und Frauen mit Suchtproblemen ausgebaut werden. Als Vorbild verwies die Exekutivsekretärin der Istanbul-Konvention auf die Stadt Wien und ihrem Ansatz, Betroffenen nach dem Aufenthalt im Frauenhaus eine weitere Bleibe zu finden.
In den Workshops am Nachmittag wurde mit Expert:innen in kleiner Runde diskutiert was einen guten Gewaltschutz ausmacht und welche Schritte dafür notwendig sind. Zentrale Koordinierungsstellen in jeder (supra-)nationalen Regierung, verbindliche Gesetze statt Resolutionen und Druck aus der Zivilgesellschaft für die Umsetzung und Einhaltung der Konvention sind nur einige wenige Punkte. Die Ergebnisse wurden abschließend im Plenum noch kurz besprochen.
