31. Dezember 2023: Vor 115 Jahren wurde Simon Wiesenthal geboren


Darf man dem Biografen Tom Segev glauben, dann griff Bundeskanzler Bruno Kreisky Wiesenthal wegen seiner Methoden an, die er nicht guthieß. Wiesenthal griff seinerseits Kreisky an, weil dieser ehemalige NSDAP-Mitglieder in seine Regierung aufnahm und – nach Meinung Wiesenthals – Israel nicht unterstützte. Dazu muss man wissen, dass Wiesenthal zuvor zur NS-Vergangenheit von ÖVP-Ministern öffentlich schwieg. Vor der Nationalratswahl 1975 schrieb Wiesenthal an jüdische Freunde „Kreisky wäre ein Verräter der jüdischen Nation und der Demokratie“. Auch hatte er ein Dossier über FPÖ-Obmann Friedrich Peter und dessen Rolle in der SS vorbereitet. Damit wollte er an die Öffentlichkeit gehen, falls die SPÖ die absolute Mehrheit verliert, um eine Koalition von SPÖ und FPÖ zu verhindern. Tom Segev schreibt, Wiesenthal ging nur dann an die Öffentlichkeit, wenn er Beweise für Verbrechen hatte. Die hatte er bei Friedrich Peter nicht. Ging er wegen Bruno Kreisky an die Öffentlichkeit? Auch in der Affäre Kurt Waldheim 1986 ff. hat sich Simon Wiesenthal (aus parteipolitischer Loyalität?) lange zurückgehalten – was ihm schwere Kritik des World Jewish Congress eintrug. Die Unterstützung Kurt Waldheims könnte Simon Wiesenthal die Verleihung des Friedensnobelpreises gekostet haben. Diesen erhielt der Auschwitz- und Buchenwaldüberlebende Elie Wiesel 1986 – Simon Wiesenthal machte sich Hoffnungen darauf. Simon Wiesenthal starb nach einem arbeitsreichen Leben am 20. September 2005 in Wien und wurde auf seinen Wunsch in Herzlia in Israel begraben.

1977 wurde das nach ihm benannte Simon Wiesenthal Center mit Hauptsitz in Los Angeles gegründet. 1995 wurde er Ehrenbürger der Stadt Wien. Seit 1996 ist eine Gasse in der Leopoldstadt nach ihm benannt, seit 2022 wird in Österreich der Simon-Wiesenthal-Preis für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus vergeben.

Web-Tipp: http://www.wiesenthal.com/

Gerald Netzl

Foto: Simon Wiesenthal.jpg Credit: National Archives of the Netherlands / Wikipedia

Quelle „Der Sozialdemokratische Kämpfer
10-11-12/2023“ 

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