30. April 2023: 150 Jahre Wiener Weltausstellung

Nach London (1851 und 1862) und Paris (1855 und 1867) fand die fünfte Weltausstellung erstmals in einem deutschsprachigen Land statt: Am 1. Mai 1873 wurde die Weltausstellung in Wien feierlich eröffnet.

Nach kaiserlichem Beschluss entstand in nur 21 Monaten eine Planstadt gewaltigen Ausmaßes im Prater. Das größte Gebäude war der fast ein Kilometer lange Industriepalast mit der zentralen Rotunde. Diese blieb – bis sie 1937 niederbrannte – ein neues Wahrzeichen Wiens. Außerdem entstanden rund 200 kleinere Gebäude und Pavillons in den verschiedenen Landesstilen, in denen insgesamt rund 53.000 internationale Aussteller ihre Erzeugnisse präsentierten. Die hierzu notwendigen, umfangreichen verkehrstechnischen und sanitären Infrastrukturmaßnahmen glichen denen einer Kleinstadt. Zugleich wurde Schwarz-Senborn ermächtigt, einen grundlegenden Um- und Ausbau des angrenzenden Wurstelpraters durchzuführen. Der alteingeführte Ort für Erholung und Vergnügungen sollte den modernen Anforderungen einer Weltausstellung entsprechen und nach der Regulierung in „Volksprater“ umbenannt werden.

In die Geschichte der Weltausstellungen konnte sich Wien nicht mit einer epochemachenden technologischen Erfindung einschreiben. Neue Maßstäbe setzte aber der Übergang von der Universalausstellung unter einem Dach hin zu einem weitläufigen Pavillonsystem. Ein je eigenes Areal war bäuerlichen Häusern aus verschiedenen Teilen der Monarchie und Schulgebäuden aus aller Welt vorbehalten. Der große Bereich zum Bildungswesen mit einer weitreichenden Darstellung verschiedener Schulformen und Bildungseinrichtungen kann als eigentliches Novum der Wiener Weltausstellung gelten. Hier wurde in einer eigenen Sektion erstmals auch die Frauenarbeit behandelt. Wenngleich die Präsentation selbst kaum Innovationen bereithielt, so wurde das brisante Zeitthema der Frauenemanzipation zumindest ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gerückt.

Der Start der Wiener Weltausstellung am 1. Mai 1873 war holprig: Der starke Regen überflutete das Ausstellungsgelände beim Wiener Prater. Der Ansturm der Besucher*innen zur Eröffnung sorgte für ein Verkehrschaos. Und die imposante Rotunde, damals mit 108 Metern Durchmesser der größte Kuppelbau der Welt, sowie viele der Pavillons waren noch nicht fertig. Das hielt Kaiser Franz Joseph aber nicht davon ab, die Weltausstellung mit den Worten „Mit lebhafter Befriedigung sehe ich die Vollendung eines Unternehmens, dessen Wichtigkeit und Bedeutung ich im vollsten Maße würdige“ zu eröffnen. Doch es sollte noch schlimmer kommen: Statt der erwarteten 20 Millionen Besucher*innen kamen bis 2. November 1873 nur knapp 7,3 Millionen. Eine Choleraepidemie und ein Börsencrash kurz nach der Eröffnung hielten viele Menschen davon ab, nach Wien zu reisen. Die Weltausstellung riss ein riesiges Loch in die Staatsfinanzen.

Mehrere Hotels, die für die Weltausstellung errichtet worden waren, wurden anschließend für andere Zwecke genutzt (zum Beispiel das Hotel Austria als Polizeidirektion; das Hotel Britannia als Justizministerium bzw. Fernmeldeamt oder das Hotel Donau als Wiener Staatsbahndirektion und später als Bundesbahndirektion Wien der Österreichischen Bundesbahnen); die Rotunde wurde für Ausstellungen und Veranstaltungen, ab 1921 für die Wiener Messe genutzt.

Bewerbung für die Expo 1995

Die Abhaltung der Weltausstellung, um die sich die Stadt Wien (gemeinsam mit Budapest) im Mai 1988 (noch vor dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ unter dem Motto „Brücken zwischen Ost und West“) beworben hatte und für deren Abhaltung bereits der offizielle Zuschlag erteilt worden war, wurde in einer 1991 durchgeführten Volksbefragung abgelehnt. Das für die Weltausstellung vorgesehene Gelände am linken Donauufer wurde jener Nutzung zugeführt, die für die Zeit nach der Weltausstellung vorgesehen war (Stadtplanung).

Highlights im Jubiläumsjahr 2023

Das 150-jährige Jubiläum der Weltausstellung ist 2023 auch Anlass für viele Wiener Institutionen, sich dem Thema zu widmen. Ein Höhepunkt steht im Spätsommer 2023 im Wiener Prater an: Mit „Panorama Vienna“ eröffnet eine neue Ausstellungsstätte der besonderen Art, die eine Reminiszenz an die legendäre Rotunde sein soll. „Panorama Vienna“ wird 34 Meter hoch, und im Inneren werden Bilder gezeigt, die man in ihrer Größe und Dimension nur als Panorama erleben kann.

Auch in Wiens Ausstellungshäusern ist das runde Jubiläum ein großes Thema: Das Technische Museum Wien wartet mit der Sonderausstellung „Women At Work. 150 Jahre Frauenpavillon der Wiener Weltausstellung“ auf. Auch im Weltmuseum Wien, wo seit jeher ein eigener Raum der Weltausstellung von 1873 gewidmet ist, wird es ein eigenes Programm zum Jubiläum geben. Das MAK – Museum für angewandte Kunst hat gleich zwei Ausstellungen im Programm, die Bezug zu 1873 nehmen: Zum einen wird es um den Trend zur Orientalistik gehen, den die Wiener Weltausstellung auslöste. Zum anderen feiert das MAK mit einer eigenen Ausstellung über J. & L. Lobmeyr eines der traditionsreichsten Wiener Unternehmen. Der renommierte Kristallglas-Hersteller war 1873 Teil der Weltausstellung und stattete auch den Kaiserpavillon mit zahlreichen Exponaten aus. Gleichzeitig begeht Lobmeyr 2023 das 200. Firmenjubiläum. Und die Stadt feiert 150 Jahre Wiener Wasser mit zahlreichen Veranstaltungen.

Überdies eröffnet mit dem „House of Strauss“ im historischen Casino Zögernitz ein besonderer neuer Wiener Musikort. Hier entsteht ein der Strauss-Dynastie gewidmetes Museum, in dem Konzerte und Events stattfinden sollen. Eine Brasserie sorgt für die nötige Verpflegung im Strauss-Universum.

Ein eigener „Schwerpunkt“ ist 2023 Japan gewidmet: Für kein anderes Land war die Wiener Weltausstellung von größerer Bedeutung. Denn in Wien präsentierte sich Japan erstmals in großem Stil der Welt. Und der damit einhergehende „Japonismus“ prägte Kunst (allen voran Gustav Klimt) und Handwerk. Japanische Gärten, japanische Küche und außergewöhnliche Exponate in Museen erinnern an die engen Verbindungen Österreichs mit Japan, die bis heute gepflegt werden.

Diese besondere Beziehung führte auch zu einem längst vergessenen Kuriosum: Im Rahmen der Weltausstellung präsentierte Japan der westlichen Welt erstmals die Sojabohne. Wien war 1873 die Drehscheibe, die Soja in aller Welt verbreitete. Erste Anbauversuche fanden ausgerechnet im Gartenpalais Schönborn statt, wo sich heute das Volkskundemuseum Wien befindet. 2023 warten hier besondere Aktivitäten rund um die Sojabohne. Und im Austria Center Vienna findet von 18. bis 23. Juni 2023 der Internationale Kongress der Sojabohne statt.

Quellen:

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Weltausstellung

https://www.wien.info/de/sightseeing/vision/weltausstellung-434256

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