11. Juli 2022: Max Winter – Gedenken zum 85. Todestag

Max Winter wurde am 9. Jänner 1870 in Tárnok, Österreich-Ungarn geboren und ist am 11. Juli 1937 in Hollywood verstorben. Er war Reporter, Journalist, Schriftsteller und Politiker und gilt als der Schöpfer der Sozialreportage im deutschsprachigen Raum. Sein Werk zeichnet sich durch eine beachtliche Vielfalt an Genres aus. Neben realitätstreuen und detailreichen Reportagen nach dem Motto „Aufklärung und Aufdeckung“ schrieb er Gedichte, Märchen, Bühnenstücke und auch einen Roman.

Sein Wirken wurde nach seiner Flucht vor den politischen Turbulenzen im Österreich zu Beginn der 1930er-Jahre rasch vergessen. Erst in den 1980er-Jahren wurde er als Pionier und Meister der Sozialreportage wiederentdeckt und wird seither in Lehrbüchern als Vorbild präsentiert. Seine Sozialreportagen haben das Genre sowohl thematisch als auch methodisch und formal entscheidend weiterentwickelt. Historiker erkennen in ihnen Vorläufer der modernen Alltagsgeschichtsforschung.

Max Winter begann 1895 bei der von Victor Adler geleiteten Arbeiter-Zeitung als Gerichtsreporter und wurde bald zum Meister der sozialen Reportage. Ein Reporter, der sich, als Obdachloser verkleidet, ins Polizeigefängnis werfen ließ, der als Statist in der Hofoper, als Kulissenschieber im Burgtheater oder als Lohnschreiber in einer Kolportageromanfabrik arbeitete.

Seine Recherchen führten ihn durch die gesamte Monarchie, in die Industriegebiete der Steiermark, zu den mährisch-schlesischen Webern oder zu den böhmischen Fabrikarbeitern. Insgesamt verfasste er etwa 1.500 Reportagen, akribisch untermauert mit wissenschaftlichen Ergebnissen und Statistiken, mit Akten und Archivmaterial.

Von 1911 bis 1918 war Max Winter sozialdemokratischer Abgeordneter zum Reichsrat, von 1918 bis 1923 Mitglied des Wiener Gemeinderats und 1919/20 sogar Vizebürgermeister. Als Stadtrat für Wohlfahrtswesen von 1919 bis 1920 schuf er die Grundlagen jener Sozialpolitik, auf denen Julius Tandler das weltweit vorbildliche Fürsorgewesen des „Roten Wien“ aufbauen konnte.

Winter förderte und unterstützte die Kinderfreunde, deren Mitbegründer und Bundesobmann er von 1920 bis 1930 war; mit seiner Aktion „Mühlstein“ gelang es ihm 1925, in ganz Österreich Kinderbibliotheken zu errichten. So „nebenbei“ war Max Winter 1923 auch Begründer und erster Chefredakteur der sozialdemokratischen Frauenzeitschrift „Die Unzufriedene“.

1930 legte er alle Funktionen nieder. 1934 gelang ihm mit Hilfe einer Einladung zu einer Vortragsreise rechtzeitig die Flucht in die USA, wo er sich weiter für die Rechte der Arbeiter und der Kinder einsetzte. Max Winter wurde am Matzleinsdorfer Friedhof in Wien begraben.

Am Max-Winter-Platz (Benennung 1949) im 2. Bezirk erinnert der von Eduard Robitschko gestaltete und 1954 aufgestellte Steinblock mit einem Porträtrelief aus Metall an den Sozialpolitiker und Journalisten, nach dem auch der Max-Winter-Park im dichtverbautem Stuwerviertel benannt wurde.

Seit 1904 bestand auf dem früheren Sterneckplatz eine 10.000 Quadratmeter große öffentliche Gartenanlage. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde das Areal eingeebnet und in einen Exerzierplatz für die militärischen Formationen der NSDAP umgewandelt. Im Sommer 1949 konnte der neue Max-Winter-Park für die Bevölkerung wieder freigegeben werden.

Werk: Im dunkelsten Wien, 1904; Das goldene Wiener Herz, (ca.) 1905; Im unterirdischen Wien, 1905; Expeditionen ins dunkelste Wien. Meisterwerke der Sozialreportage [Hrsg. Hannes Haas], 2006.

Literatur: Miriam Houska, „Journalismus der Sinne und des Sinns“. Max Winters Wahrnehmung und Vermittlung des Wiener Elends in Sozialreportagen der „Arbeiter-Zeitung“ 1896 bis 1910, 2003; Stefan Riesenfellner, Der Sozialreporter. Max Winter im alten Österreich, 1987; Gabriele Selbherr, Max Winter. Sein Wort sprach für Freiheit und Recht; seine Feder diente den Verkannten und Enterbten; sein Herz aber schlug für die Kinder, 1995.

Quellen:

http://www.dasrotewien.at

https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Winter

Foto:

Max Winter verkleidet als „Strotter“ für eine Reportage für die Arbeiter Zeitung, FC: VGA

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