26. Mai 2022: Zwischen roten Kängurus und roten Regierungen

Kommentar von Peter Filipczak,

Australien wirkt für die meisten Österreicher*innen fremd und fern.  Eine gewisse namensbedingte Verbindung zu Österreich gibt es zwar, aber abgesehen von Leiberln mit der Aufschrift „No Kangaroos in Austria“, die Wiens Souvenirshops zieren, gibt es kaum eine kulturelle Assoziierung oder ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.

Letzte Woche wurde in Australien eine neue Regierung und damit ein neuer Premierminister gewählt und die Parallelen zu Europa sind verblüffend.

Am besten man fängt bei den grundliegenden Dingen an: Die politische Landschaft Australiens wird von zwei Großparteien dominiert. Einerseits hat man die sogenannte „Coalition“, ein Zusammenschluss aus zwei konservativen Parteien, der Liberal Party und der National Party. Auf der linken Seite hat man die Labor Party, die, wie der Name bereits verrät, einen eher arbeiterfreundlichen und sozialeren Kurs fährt. Ergänzt wird das Ganze durch die Grünen, links der Großparteien, sowie Pauline Hansons One Nation Partei, die bereits global für ihre rechtsradikalen Auftritte für Schlagzeilen sorgte. Man könnte auch noch Clive Palmer erwähnen einen rechtspopulistischen Milliardär der seit Jahren daran scheitert seinen Weg in die Mainstream Politik zu erkaufen. Generell wirkt wie eine Situation die man aus Europa kennt, vielleicht sogar aus Österreich.

Zurück in die Gegenwart. Seit 2013 ist die Coalition an der Macht und stellt den Premierminister, insgesamt drei Mal. Von Tony Abbott wechselte man zu Malcolm Turnbull und kam schließlich bei Scott Morrison an, dass die Wechsel nicht immer sauber abliefen und amtierende Staatsoberhäupter von ihren Vorgängern in deren Biografien kritisiert wurden, erinnert vielleicht sogar an einen gewissen Reinhold Mitterlehner.

Seit 2018 war Scott Morrison im Amt, auch wenn seine Vorgänger auch keine Massen polarisierten, so schaffte er es schnell sich besonders unbeliebt zu machen und dass trotz einer Hilfe, von der Autokraten in Europa (noch) nur träumen könnten. Sie trägt den namen Rupert Murdoch. Der australische Geschäftsmann baute sich im englischsprachigen Raum, in den vergangenen Jahrzehnten, ein dominantes und konservatives Medienimperium auf. Am bekanntesten ist hier der amerikanische Sender FOX News. Laut CNN gehören zwei Drittel aller relevanten australischen Print- und Onlinemedien Murdoch, dazu kommen unzählige Fernsehsender und Streamingportale. So wird seit Jahrzehnten zu Gunsten der „Coalition“ die Meinung der Bevölkerung bewusst manipuliert.  Auch hier denkt man schnell an Gespräche in Finkas auf Ibiza, Inserate in Zeitungen und Umfragen darüber welches Tier unser Kanzler wäre.

Aber zurück zu Morrison, in Australien auch ScoMo genannt, und dessen Unbeliebtheit. Einerseits lag es an politischen Entscheidungen seinerseits, wie der mit China begonnene Handelskonflikt, die zaghafte Beschaffung von Impfstoffen oder die fehlende Umweltpolitik in einem der trockensten Länder der Erde. Viel mehr waren es jedoch tatsächlich Skandale die seine Unterstützung in der Bevölkerung auflösten. Viele sehen den Anfang seines Endes mit den Wildbränden von 2019-20. Während einer der größten Naturkatastrophen der Geschichte des Landes, die hunderte Tote und unvorstellbare ökologische und finanzielle Schäden hinterließ, war ScoMo nicht zu sehen. Später stellte sich heraus, er war wochenlang auf Familienurlaub in Hawaii. Ein weiterer Misserfolg war das AUKUS abkommen, ein Militär- und Rüstungsbündnis mit der USA und dem Vereinigten Königreich. Denn zuvor hatte Australien U-Boote in Frankreich bestellt und dieses Abkommen daraufhin nicht eingehalten. Als Resultat nannte Frankreichs Präsident Macron ihn öffentlich einen Lügner, selten ein gutes Zeichen. Die meiste Kritik erfuhr er jedoch Ende 2021. Nachdem bekanntwurde dass es im Lager der „Coalition“  im Parlament wahrscheinlich vermehrt zu sexuellen Übergriffen an weiblichen Mitarbeiterinnen kam, äußerte sich Morison nicht nur äußerst unempathisch sondern verhinderte aktiv Investigationen, Entscheidungen die bei Wäher*innen sehr schlecht ankamen.

Spulen wir also vor zum 21. Mai 2022. Es ist Samstag, Wahltag in Australien und der große Gewinner lautet Anthony Albanese, Vorsitzender der Labor Partei und baldiger Premier Minister Australiens. Was das genau für das Land und den Indopazifik generell bedeutet ist unklar. Doch für Europa könnte es ein Zeichen sein, ein Zeichen das sich nicht immer die Großindustriellen durchsetzen, ein Zeichen dafür das Menschen eine Gesellschaft steuern und nicht gleichgeschaltete Medien und ein Zeichen dafür das man genug hat von Skandalen und endlich Lösungen möchte für Probleme wie den Klimawandel, der zu lang ignoriert wurde. Wer weiß, vielleicht kann es sogar ein Zeichen für Österreich sein?

Peter Filipczak wurde 1997 in Wien geboren und ist ebendort aufgewachsen. Nach seiner Matura und seiner abgeleisteten Wehrpflicht zog er 2016 nach Brisbane, Australien. Dort studierte er 4 Jahre lang, an der University of Queensland und kehrte Ende 2020 nach Österreich zurück. Seit 2021 ist er in der Wiener Bildungsakademie tätig.

,

Bild

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: