29. Juli 2025: Zum 100. Todestag eines sozialdemokratischen Wegbereiters – Gedenken an Jakob Reumann (1853–1925): Pionier des Roten Wien

Am 29. Juli 2025 jährt sich der Todestag von Jakob Reumann zum hundertsten Mal. Der erste sozialdemokratische Bürgermeister Wiens war nicht nur ein Gestalter der Ersten Republik, sondern eine Schlüsselfigur für eine soziale, gerechte und moderne Stadtpolitik. Sein Wirken prägt Wien bis heute – sichtbar und spürbar.


Herkunft und Aufstieg: Aus einfachen Verhältnissen an die Spitze Wiens

Jakob Reumann wurde 1853 in Wien geboren – als unehelicher Sohn einer Handarbeiterin, aufgewachsen in bescheidenen Verhältnissen. Seine Lehre als Drechsler in einer Meerschaumpfeifenfabrik führte ihn früh zur gewerkschaftlichen Organisation. Er gründete den ersten Fachverband seiner Berufsgruppe und setzte sich vehement für den Schutz auch ungelernter Arbeiter*innen ein.

Sein Engagement führte zum Jobverlust und auf die „schwarze Liste“ der Arbeitgeber. Doch diese Konsequenz beeindruckte: Victor Adler holte Reumann zurück nach Wien – in die politische Arbeit der entstehenden sozialdemokratischen Bewegung.


Parteibauer und Vordenker

Als erster Parteisekretär der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei ab 1889 war Reumann organisatorisch wie inhaltlich prägend. Beim ersten Parteitag 1890 in Wien führte er den Vorsitz. Reumann vertrat schon früh die Idee, dass soziale Reformen auf kommunaler Ebene beginnen müssen – insbesondere beim Wohnbau und bei der städtischen Versorgung.


Erste Mandate und politische Schwerpunkte

1900 wurde Reumann gemeinsam mit Franz Schuhmeier als einer der ersten Sozialdemokraten in den Wiener Gemeinderat gewählt, 1907 folgte das Mandat im Reichsrat. Er widmete sich besonders Fragen des Arbeiterschutzes, der Krankenversicherung, der Lebensmittelversorgung – also jenen Themen, die für die Mehrheit der Bevölkerung lebenswichtig waren.


Bürgermeister in einer Zeit des Umbruchs

Nach dem Ende der Monarchie wurde Reumann 1918 Vorsitzender des provisorischen Gemeinderats und im Mai 1919 – nach dem Sieg der Sozialdemokratie bei der Gemeinderatswahl – erster sozialdemokratischer Bürgermeister Wiens. Damit begann eine der wichtigsten Phasen der kommunalpolitischen Geschichte: der Aufbruch in das „Rote Wien“.


Der Weg zum Bundesland Wien

Reumann war zentral beteiligt an der Trennung Wiens von Niederösterreich. Ab 1920 war Wien nicht nur Stadt, sondern auch eigenes Bundesland – mit Reumann als erstem Landeshauptmann. Die Verhandlungen über die sogenannte „Trennung“ mit dem Umland regelten auch Eigentums- und Verwaltungsfragen. Am 1. Jänner 1922 wurde die Eigenständigkeit Wiens rechtskräftig.


Soziale Reformen und kommunale Visionen

Die Amtszeit Reumanns war geprägt von tiefgreifenden Reformen. Der Gemeindewohnbau wurde als Antwort auf Wohnungsnot und schlechte Lebensverhältnisse konzipiert. 1923 startete ein ambitioniertes Programm zum Bau von 25.000 Gemeindewohnungen in fünf Jahren – ein historischer Meilenstein.

Auch im Bildungs- und Gesundheitswesen setzte Reumann auf Aufbruch: Neue Schulen, Kindergärten, medizinische Versorgungseinrichtungen und Grünräume entstanden – nicht als Gnadenakt, sondern als soziale Rechte für alle.


Konflikte mit der Reaktion – Standhaftigkeit vor dem Recht

Reumann stand wiederholt im Visier der konservativen Bundesregierung. Zwei Prozesse vor dem Verfassungsgerichtshof – einer wegen der Aufführung von Arthur Schnitzlers Reigen, der andere wegen der Genehmigung zur Errichtung der Feuerhalle Simmering – brachten ihn in Konflikt mit Bundesministern. Beide Male wurde er freigesprochen – Symbol dafür, dass kommunale Autonomie nicht einfach preisgegeben wird.


Abschied und Vermächtnis

1923 trat Jakob Reumann aus gesundheitlichen Gründen zurück. Er wurde zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt und blieb bis zu seinem Tod 1925 politisch aktiv. Seine letzte Ruhestätte fand er – fast sinnbildlich – vor der von ihm durchgesetzten Feuerhalle Simmering.

Der Reumannplatz in Favoriten, der Reumannhof am Margaretengürtel, eine Straße und mehrere Denkmäler erinnern an ihn. Mehr noch aber lebt sein Geist in einer politischen Haltung fort, die Soziales nicht als Zusatz, sondern als Kernaufgabe versteht.


Was wir von Jakob Reumann lernen können

Hundert Jahre nach seinem Tod bleibt Reumann ein Vorbild für sozialdemokratische Kommunalpolitik: mutig, gerecht, modern. Er stand für ein Wien der Vielen – nicht der Privilegierten. Seine Arbeit zeigt: Mit Weitblick, Konsequenz und Solidarität kann Politik das Leben unzähliger Menschen verbessern.

Presseaussendung:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20250729_OTS0062/spoe-bundesbildung-zum-100-todestag-von-jakob-reumann-ein-sozialdemokratischer-wegbereiter-und-architekt-des-roten-wiens

Quellen/Links:

https://www.denkmalwien.at/zeitzeuginnen/jakob-reumann-1853-1925

https://www.dasrotewien.at/seite/reumann-jakob

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Jakob_Reumann

https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Reumann

Titelbild: Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Reumann#/media/Datei:JakobReumann18531925L1110246_(2).jpg, Jakob Reumann (1853–1925), Bürgermeistergalerie des Wiener Rathauses, Fotograf: Ludwig Wieden – Selbst fotografiert, Hochgeladen: 17. November 2017: Lizenz: Gemeinfrei, Datei: JakobReumann18531925L1110246 (2).jpg

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