Die SPÖ Bäuerinnen und Bauern feierten im August ihr 101-jähriges Bestehen in Bad Vöslau. Alois Mentasti, Weinhauer aus Sooß bei Baden, fungierte als Wegbereiter der ersten Stunde. Seine Wirkungsgeschichte reichte vom Beginn der Ersten Republik bis in die Mitte der 1950er Jahre und beinhaltete politische Ämter auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene. Als aufrechter Sozialdemokrat wurde er ab 1934 verfolgt und inhaftiert.
Mit Alois Mentasti sind sein Engagement für „Kleinbauern“ und für den ländlichen Raum untrennbar verbunden. Als „Roter“ stand er dabei im Widerspruch zur konservativ-dörflichen Kultur. Zwar wurden diese alten Lebensverhältnisse durch Industrialisierung und Bahnbau gründlich erschüttert, die Entstehung sozialdemokratischer Lebensmilieus in ländlich geprägten Regionen war dennoch ein schwieriger Prozess, der allerlei Konflikte und Auseinandersetzungen hervorbrachte.
Trotz aller Widrigkeiten konnte am 17. März 1923 die „Vereinigung der Kleinbauern, Weinbautreibenden und Kleinpächter” gegründet werden, zunächst als Sektion innerhalb des sozialdemokratischen Land- und Forstarbeiterverbandes. Am 13. Juni 1925 wurde die Kleinbauernvereinigung offiziell ein selbständiger Verband. Dazu wurde eine Reichskonferenz (= Bundeskonferenz, Anm.) in Wien abgehalten, bei der Statut und Geschäftsordnung beschlossen wurden.
Inhaltlich war seit Gründung der Ersten Republik eine Debatte um die Bodenreform besonders hart umkämpft. Dahinter stand die Idee, die Agrarstruktur zu reformieren, insbesondere in Bezug auf Landbesitz und Landverteilung. Die Sozialdemokrat:innen sahen sich hier in der Auseinandersetzung mit dem adeligen, geistlichen und bürgerlichen Großgrundbesitz. Eine gerechtere Verteilung von Grund und Boden sollte dazu beitragen, die Lebensbedingungen der „Kleinbauern“ zu verbessern.
Faschismus und Nachkriegszeit
Im Februar 1934 wurde Alois Mentasti verhaftet und in weiterer Folge im Anhaltelager Wöllersdorf interniert. Schikanen und Hausdurchsuchungen dauerten auch während der Nazi-Diktatur an. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 wurde Mentasti erneut festgenommen und befand sich daraufhin in Wiener Neustadt in Gestapo-Haft. Als am 27. April 1945 die Provisorische Staatsregierung Renner gebildet wurde, übernahm Alois Mentasti die Funktion eines Unterstaatssekretärs im „Staatsamt für Ackerbau und Forstwirtschaft”, dem heutigen Landwirtschaftsministerium. Politisch hatte für Mentasti die Bereinigung gültiger NS-Gesetze hohe Priorität. So forderte er vehement die Aufhebung des Reichserbhofgesetzes, welches der Blut-und-Boden-Weltanschauung mit ihrer zugrunde liegenden Idee einer germanisch-nordischen Rasse als Bauerntum diente. Die Provisorische Staatsregierung setzte das Gesetz schließlich am 19. September 1945 außer Kraft.
Bereits Anfang August 1945 wurde er beim wieder gegründeten „Verband der Freien Arbeitsbauern” erneut zum Bundesvorsitzenden gewählt. Die Organisation gab sich dabei auch einen neuen Namen und trat von nun an als „Österreichischer Arbeitsbauernbund” in Erscheinung. Bis zu seinem Ausscheiden aus der Politik Mitte der 1950er Jahre bekleidete Alois Mentasti zahlreiche politische Funktionen auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene, etwa als Bürgermeister von Sooß, 2. Landtagspräsident in Niederösterreich oder Nationalratsabgeordneter – zudem gehörte er als Mitglied des Bundesparteivorstandes zum erweiterten SPÖ-Führungskreis.
Alois Mentasti war ein bedeutender Wegbereiter der Sozialdemokratie am Land. Der Wunsch nach einer Partei der „Arbeiter und Bauern“ erfüllte sich für ihn jedoch nicht, die Kluft – mal größer, mal kleiner – blieb bestehen. Dennoch legten Pionier:innen wie Alois Mentasti mit ihrer beharrlichen langjährigen Arbeit – Erfolge und Rückschläge inbegriffen – den Grundstein für spätere Wahlerfolge der SPÖ in Dörfern und ländlichen Regionen. Das mühsam erworbene Vertrauen sollte sich auch in ein immer größer werdendes Wähler:innenvotum am Land niederschlagen: Als Bruno Kreisky bei der Nationalratswahl 1975 seine absolute Mehrheit sogar noch leicht ausbauen konnte, war dies vor allem den Kleingemeinden zu verdanken.
Alexander Neunherz
Infobox: Eine umfangreiche Biografie über Alois Mentasti kann bei Alexander Neunherz unter office@politikforschung.at kostenlos bestellt werden. Im Herbst 2025 erscheint zudem ein neues Buch im Mandelbaum-Verlag, welches sich mit rund 20 Biografien sozialdemokratischer Wegbereiter:innen auseinandersetzt. Alois Mentasti wird dort ebenfalls zu finden sein.
Illustration: Cover_Mentasti.jpg
Der Dank für den Text und die Bilder geht an den Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen,
Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen. Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden sich hier: http://www.freiheitskaempfer.at/wp-content/uploads/2024/12/Kaempfer-10-11-12-2024.pdf