14. Jänner 2025: Das Roma-KZ in Hodonín

In der Nazi-Diktion und noch viel zu lang auch in unserem Sprachgebrauch wurden sie abfällig „Zigeuner“ genannt. Leicht hatten es Roma und Sinti in Europa nie. Die Nazi-Zeit sollte allerdings alles Bisherige in den Schatten stellen: Nichts weniger als ihre Vernichtung war das Ziel der braunen Barbaren. Es gibt in Romanes sogar ein Wort dafür: „Porajmos“ (deutsch „das Verschlingen“) entspricht „Holocaust“.

50 km nördlich von Brünn befand sich 1942/43 das „Zigeuner“-Lager in Hodonín u Kunštátu. Es wurde im Protektorat Böhmen und Mähren zur Zwangskonzentration der mährischen Roma verwendet. Ebenso wie in das „Zigeuner“-Lager Lety u Písku 80 km südlich von Prag (für die tschechischen Roma) wurde Anfang August 1942 eine große Anzahl von Roma-Familien in das Lager gezwungen, die Lagerkapazität von 800 Menschen wurde von Anfang an deutlich überschritten. Die Lebensbedingungen, die Versorgung mit Nahrungsmitteln und die sanitären Einrichtungen waren prekär. In beiden Lagern bestand das Aufsichtspersonal aus Polizeikräften des Protektorats, also aus tschechischen Polizisten. Insgesamt durchliefen das Lager Hodonín mehr als 1.300 Personen, von denen alleine 207 im Lager selbst durch Krankheiten, Mangelernährung in Kombination mit Zwangsarbeit und aus ähnlichen Gründen ums Leben kamen.

Aus dem Lager Hodonín heraus fanden zwei große Deportationen statt. Der erste Transport bestand aus 46 Männern und 29 Frauen, die als „asozial“ gebrandmarkt worden waren und am 7. Dezember 1942 aufgrund des „Erlasses zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“ nach Auschwitz deportiert wurden. Der zweite Massentransport fand am 21. August 1943 statt. Dieser brachte insgesamt 749 Häftlinge aus Hodonín nach Auschwitz-Birkenau. Nach dieser zweiten Deportation befanden sich nur noch 62 Häftlinge im Lager. Eine nicht-Roma-Familie aus Olešnice adoptierte einen acht Jahre alten Häftling aus dem Lager und bewahrte das Kind damit vor weiterem Leid, denn nur wenige der verbleibenden Häftlinge wurden entlassen. Der Rest wurde im Winter 1944 ebenfalls nach Auschwitz deportiert.

In Hodonín u Kunštátu (Achtung: nicht zu verwechseln mit Hodonín an der tschechisch-slowakischen Grenze!) befindet sich seit 2021 eine äußerst sehenswerte Ausstellung zur Geschichte des Lagers und zur Geschichte der Volksgruppe in Böhmen und Mähren. Alle Texte sind tschechisch und englisch, ein Besuch wird Interessierten wärmstens empfohlen. Geöffnet April-Oktober Mittwoch bis Sonntag 10:00-18:00. Nach einem Besuch der Gedenkstätte stellt man fest, dass es Österreich zur Schande gereicht, dass es etwas Vergleichbares bei uns nicht gibt. Außerhalb des ehemaligen Lagergeländes / der Gedenkstätte befindet sich das Denkmal Žalov auf einem Massengrab für die Opfer. Gestaltet hat das Denkmal der Roma-Künstler Eduard Oláh.

Es bietet sich an, die Fahrt nach Hodonín mit einem Besuch des Museums der Roma-Kultur in Brünn zu kombinieren (Ganzjährig geöffnet Dienstag bis Sonntag 10:00-18:00).

Web-Tipp: http://www.hodoninpamatnik.cz

Gerald Netzl

Fotos: Hodonin.jpg Credit: Gerald Netzl

Text: Die Gedenkstätte in Hodonín u Kunštátu liegt ca. 50 km nördlich von Brünn.

Hodonin_Zalov_Denkmla.jpg Credit: Radovan Krhovský

Denkmal Žalov auf dem Massengrab für die Opfer des NS- Rassenwahns.

Der Dank für den Text und die Bilder geht an den Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen,
Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen. Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden sich hier: http://www.freiheitskaempfer.at/wp-content/uploads/2024/12/Kaempfer-10-11-12-2024.pdf

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