Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin zeigte im Sommer und Herbst eine Ausstellung über Widerstand von Frauen gegen die nationalsozialistische Diktatur. Dieser war vielfältig, risikoreich und mutig. Dennoch ist er nach 1945 über Jahrzehnte in der deutschen Öffentlichkeit nicht oder nur unzureichend beachtet worden.
Im Zentrum der Ausstellung standen Lebensbilder von Widerstandskämpferinnen. Sie zeigten die gesamte soziale Breite und weltanschauliche Vielfalt des Widerstands gegen das NS-Regime. Zugleich wurde erstmals eine Vielzahl von Frauen gewürdigt, die wegen ihres Widerstands von der Unrechtsjustiz der Nazis verfolgt worden sind. Während einzelne Frauen bereits in der Weimarer Republik vor dem erstarkenden Nationalsozialismus warnten, fanden andere nach 1933 oder während der Kriegsjahre ihren Weg in den Widerstand und widersetzten sich dem nationalsozialistischen Unrechtsstaat.
Die 20-jährige Berlinerin Hildegard Loewy wird am 4. März 1943 in der Hinrichtungsstätte Plötzensee ermordet. Als Jüdin ist sie der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt und engagiert sich gegen die antisemitische NS-Politik und den Krieg. Sie beteiligt sich an Flugblattaktionen, stellt ihre Wohnung für geheime Treffen zur Verfügung und unterstützt die Aktionen der kommunistisch-zionistischen Widerstandsgruppe um Herbert Baum und Heinz Joachim gegen die antisowjetische Propagandaausstellung „Das Sowjetparadies“. Im Juli 1942 wird Hildegard Loewy festgenommen und während der folgenden Verhöre schwer misshandelt. Sie unternimmt einen Fluchtversuch aus dem Gefängnis Moabit in Berlin, der jedoch scheitert. Der „Volksgerichtshof“ verurteilte sie wegen ihrer Widerstandsaktivitäten zum Tode.
Elfriede Scholz, geborene Remark, wächst als jüngstes von fünf Kindern in Osnabrück auf. Ihr Bruder ist der Schriftsteller Erich Maria Remarque, Autor des 1928 erschienenen Antikriegsromans „Im Westen nichts Neues“. Sie absolviert eine Schneiderlehre und macht sich selbstständig. Elfriede Scholz ist eine überzeugte Gegnerin des NS-Regimes. In ihrer Schneiderei in Dresden äußert sie sich wiederholt kritisch über den Krieg. Sie bezeichnet dabei die deutschen Soldaten als „Schlachtvieh“ und wünscht Adolf Hitler öffentlich den Tod. Vom Ehemann einer Kundin verraten, wird sie im August 1943 von der Gestapo festgenommen. Am 29. Oktober 1943 verurteilt der „Volksgerichtshof“ Elfriede Scholz zum Tode. Sie wird am 16. Dezember 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet. Ihr Bruder erfährt erst 1946 von ihrer Hinrichtung und widmet ihr 1952 den Roman „Der Funke Leben“. Seit 2013 erinnert ein Stolperstein in Dresden an Elfriede Scholz.
Das sind zwei von 32 Frauen, die die Ausstellung in 23 thematischen Einheiten exemplarisch präsentierte. Eine Medienstation ermöglichte den Zugang zu vielen weiteren Biografien, die mit Fotos, Dokumenten und erläuternden Texten einen vertiefenden Einblick bieten. Ein raumübergreifendes Porträtband an den Wänden erinnerte beispielhaft an die mehr als 250 Frauen, die auf diese Weise in der Ausstellung gewürdigt werden. Sie alle nutzten jene Möglichkeiten, die es unter den Bedingungen der Diktatur für Mitmenschlichkeit und politisches Handeln noch gab. Zugleich wird mit den Lebensbildern der Frauen deutlich, mit welcher Härte das NS-Regime gegen die Widerstandskämpferinnen vorgegangen ist.
Aus österreichischer Sicht bedauerlich ist, dass auf den Widerstand von Frauen „bei uns“ in der Ausstellung vergessen wurde. Nur bei zwei Frauen gibt es einen Österreich-Bezug, Hilda Monte, 1914 in Wien geboren, und Lisa Fittko, die in Wien aufgewachsen ist.
In der Schriftenreihe „Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ sind bisher vier Bände erschienen. Die Homepage zur Ausstellung bleibt auch nach deren Ende online.
Web-Tipp: http://www.frauen-im-widerstand-33-45.de
Gerald Netzl
Foto: Frauen_Widerstand_Engels.jpg Credit: Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Fototext: Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin erinnerte an mehr als 250 Frauen, die Widerstand gegen die Nazis geleistet haben.
Der Dank für den Text und die Bilder geht an den Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen,
Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen. Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden sich hier: http://www.freiheitskaempfer.at/wp-content/uploads/2024/12/Kaempfer-10-11-12-2024.pdf