Mit dem 1. Juli 2024 hat Ungarn den EU-Ratsvorsitz von Belgien übernommen. Diese Entwicklung hat erhebliche Besorgnis in der Europäischen Union hervorgerufen, da Ungarn unter der Führung von Premierminister Viktor Orbán zunehmend autokratische Tendenzen zeigt. Der Ratsvorsitz bietet Ungarn die Möglichkeit, die Agenda der EU maßgeblich zu beeinflussen, was bei vielen Beobachtern Befürchtungen über eine weitere Erosion demokratischer Werte in der Union auslöst.
Ungarn steht seit Jahren im Zentrum der Kritik wegen seiner Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Die ungarische Regierung hat systematisch die Gewaltenteilung geschwächt, unabhängige Medien unter Druck gesetzt und die Zivilgesellschaft eingeschränkt. Diese Entwicklung steht in krassem Widerspruch zu den Grundwerten der EU, die auf Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit basieren .
Während der Ratspräsidentschaft hat das Land eine Plattform, um seine eigenen politischen Ziele voranzutreiben. Dies könnte zu einer weiteren Polarisierung innerhalb der EU führen, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung von Sanktionen gegen Mitgliedstaaten, die gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen. Es besteht die Sorge, dass Ungarn versuchen könnte, seine Position zu nutzen, um Sanktionen gegen sich selbst und andere ähnlich ausgerichtete Regierungen zu verhindern .
Ein weiterer kritischer Punkt ist Ungarns Haltung zur Migration. Die ungarische Regierung hat in der Vergangenheit eine harte Linie gegen Migrant*innen und Flüchtlinge verfolgt, die oft als fremdenfeindlich bezeichnet wird. Diese Haltung könnte die EU-weite Migrationspolitik erheblich beeinflussen, indem sie die Integration und Aufnahme von Migrant*innen weiter erschwert .
In der Außenpolitik hat sich Ungarn wiederholt als unzuverlässiger Partner*in erwiesen, insbesondere in Bezug auf Russland. Während die meisten EU-Staaten klare Positionen gegen die russische Aggression in der Ukraine eingenommen haben, hat Ungarn immer wieder Signale der Nähe zu Moskau ausgesendet. Dies wirft Fragen über die Kohärenz und Einheit der EU-Außenpolitik unter ungarischem Vorsitz auf .
Die Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch Ungarn ist ein kritischer Moment für die Europäische Union. Angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen in Ungarn in Bezug auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, stellt sich die Frage, wie die EU ihre eigenen Werte verteidigen kann, wenn ein Mitgliedstaat, der diese Werte offen missachtet, eine so zentrale Rolle spielt. Es bleibt abzuwarten, ob und wie Ungarn seine Ratspräsidentschaft nutzen wird, um die EU-Agenda zu beeinflussen und welche Auswirkungen dies auf die Zukunft der Union haben wird.