Zu seinem 125. Geburtstag wollen wir des großen Philosophen und Soziologen Herbert Marcuse gedenken.
Der deutsch-amerikanische Soziologe war ein bedeutender Philosoph und Gesellschaftstheoretiker der „Frankfurter Schule“. In seinem Werk „Der eindimensionale Mensch“ zeichnete er das düstere Bild einer totalitären Gesellschaft. Sein Essay „Repressive Toleranz“ und andere Untersuchungen über Gesellschafts- und Herrschaftsstrukturen fanden ein großes Echo in der Studentenbewegung Ende der 1960er Jahre. Nach Marcuse ist gesellschaftliche Revolution mit Veränderungen im Bewusstsein der Menschen und in deren sinnlichen Wahrnehmung verbunden. Diesbezüglich setzte er auf die verändernde Kraft beispielsweise der Kunst oder der Frauenbewegung.
Herbert Marcuse wurde als Sohn eines jüdischen Fabrikanten am 19. Juli 1898 in Berlin geboren. Aufgewachsen ist er in bürgerlichen Verhältnissen in der deutschen Hauptstadt. 1916 wurde er ins kaiserliche Heer einberufen, 1917 trat er der SPD bei, die von seinen Eltern als Arbeiterpartei verachtet wurde, und wurde 1918 in den Soldatenrat in Reinickendorf gewählt. Nach dem Krieg studierte er an den Universitäten Berlin und Freiburg Philosophie und schloss sein Studium mit der Promotion im Jahr 1922 ab. 1930 war Marcuse neben Martin Heidegger und Erich Fromm Mitbegründer des Frankfurter Instituts für Sozialforschung. Zwei Jahre später übersiedelte Marcuse angesichts der politischen Entwicklung in Deutschland in die USA.
In New York schloss er sich dem Institut für Sozialforschung an der Columbia University an. 1940 wurde er US-amerikanischer Staatsbürger. Ab dem Jahre 1942 war Marcuse für den US-amerikanischen Geheimdienst im Office of Strategic Services in Washington tätig. Er schaffte es bis zum Leiter der Europaabteilung. 1951 wechselte er nach New York an das Russian Institute der Columbia University, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig wurde. Danach arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Russian Research Center der Gharvard University in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts. 1954 folgte Marcuse einem Ruf als Professor für Politische Wissenschaften an die Brandeis-University in Waltham im US-Bundesstaat Massachusetts. Im Jahr darauf erschien sein Werk „Eros and Civilization“, das zehn Jahre später als deutsche Ausgabe unter dem Titel „Triebstruktur und Gesellschaft“ auf den Markt kam.
Im Jahr 1958 wurde seine Abhandlung „Soviet Marxism“ publiziert. In deutscher Übersetzung erschien das Buch 1958 unter dem Titel „Die Gesellschaftslehre des sowjetischen Marxismus“. Der Titel „One-Dimensional Man“ (1964) gilt als Hauptwerk Marcuses. Es erschien 1967 in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Der eindimensionale Mensch“. Hierin verdeutlicht Marcuse, dass im kapitalistischen System zwar dank immer neuer Technologien die anfallenden Krisen bewältigt werden könnten, jedoch um den Preis der Manipulation und des Konformismus. Dem könne man sich nur durch Verweigerung entziehen. Marcuse teilt nicht den Pessimismus der anderen Vertreter der Kritischen Theorie wie Horkheimer und Adorno, die die gesellschaftlichen Missstände zwar kritisieren, aber keine konkreten Lösungsansätze anbieten.
„Der eindimensionale Mensch“ und „Triebstruktur und Gesellschaft“ zählen zu den wichtigsten Büchern der Kritischen Theorie und zu den Standardwerken der Studentenbewegung der 1960er Jahre in den USA und der Bundesrepublik Deutschland. Im Jahr 1965 erhielt Marcuse eine Berufung an die Universität von Kalifornien in San Diego. Im gleichen Jahr erschien sein viel beachteter Essay „Repressive Toleranz“ in dem Sammelwerk mit dem Titel „Kritik der reinen Toleranz“. 1967 hatte Marcuse eine Gastprofessur an der Freien Universität Berlin inne. Zu seinen Werken zählen unter anderem Titel wie „Kultur und Gesellschaft“ (1965), „Das Ende einer Utopie. Psychoanalyse und Politik“ (1968), „Versuch über Befreiung“ (1969), „Ideen zu einer kritischen Theorie der Gesellschaft“ (1969), „Revolution oder Reform? Eine Kontroverse mit K. Popper“ (1971), „Konterrevolution und Revolte“ (1972), „Studies in Critical Philosophy“ (1973), „Zeitmessungen“ (1975), „Die Permanenz der Kunst – wider eine bestimmte marxistische Ästhetik“ (1977).
Herbert Marcuse starb am 29. Juli 1979 in Starnberg während eines Besuches in Deutschland.
Quelle: The People Lexicon
Foto: Deutsches Historisches Museum; Inventarnr. Do2 94/77