Zum 83. Jahrestag des Novemberpogroms erinnert das Psychosoziale Zentrum ESRA mit einer 4-Stock hohen Bildrekonstruktion an die einst größte Synagoge Österreichs, die sich bis 1938 in der Tempelgasse in Wien-Leopoldstadt befand
Am 10. November 1938 wurde der „Große Leopoldstädter Tempel“ von Nazihorden in Brand gesteckt und völlig zerstört. An der Hauswand der Tempelgasse 5 erinnert nun eine Reproduktion der Tempelfassade in verkleinertem Maßstab an das imposante Gebäude, das mit seinen verschiedenen angeschlossenen Institutionen viele Jahrzehnte lang ein Mittelpunkt des religiösen, kulturellen und sozialen Lebens der jüdischen BewohnerInnen Wiens war.
In der Tempelgasse verbindet sich Gedenken an einem historischen Ort mit aktivem gegenwärtigen Handeln. Das Psychosoziale Zentrum ESRA, das sich an dieser Stelle befindet, unterstützt seit 1994 die Überlebenden der NS-Verfolgung und ihre Familien. Das Trauma, das Menschen durch andere Menschen zugefügt wurde, die Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung, die Menschen erleiden mussten, hat nie ein Ende. Die Folgen der Verfolgung beeinträchtigen auch noch das Leben ihrer Kinder und Enkelkinder.
Gedenken ist ein aktiver und andauernder Prozess, der auf vielen Ebenen geschieht. Die Auseinandersetzung mit den Ereignissen, die sich hier, mitten in der Leopoldstadt, in Wien, in ganz Europa, abgespielt haben, muss auf vielen Ebenen geschehen. Je mehr wir über NS-Unrecht und über individuelles Leid wissen und die Erinnerung daran wachhalten, desto mehr wird auch unsere Haltung in der Gegenwart davon bestimmt, um den ständig zunehmenden menschenfeindlichen Ideologien, Diskriminierungen und autoritären Tendenzen entgegenzuwirken.
In allen individuellen Biografien der ZeitzeugInnen ist die Haltung der Menschen in ihrem jeweiligem Lebensumfeld wie Schule, Nachbarschaft oder Arbeitswelt von allergrößter Bedeutung. Viele waren ZuschauerInnen, wurden zu MitläuferInnen oder TäterInnen, und nur ganz selten zeigte jemand zumindest eine Spur von Mitgefühl oder leistete aktive Hilfe oder Widerstand.
Für Überlebende des NS-Terrors war und ist es daher ein ganz wichtiges Anliegen, dafür einzutreten, dass auch in der Zukunft eine Gesellschaft, die auf Gleichberechtigung, Offenheit und Vielfalt aufgebaut ist, weiter bestehen kann und in der Menschen, die heute aus ganz anderen Gründen traumatisierende Erfahrungen machen müssen, Hilfe erhalten. Dies hat ESRA immer als Vermächtnis seiner KlientInnen und PatientInnen begriffen und handelt in ihrem Sinne.
Die Bildreproduktion der Fassade des Leopoldstädter Tempels ist bis 15. Dezember 2021 in der Tempelgasse 5, 1020 Wien, zu sehen.
Rückfragen & Kontakt: Peter Schwarz, Geschäftsführer ESRA Psychosoziales Zentrum
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Text und Bilder: ESRA