Ein Wiener von Weltformat
Ernst Franz Hermann Happel (29.11.1925, Wien – 14.11.1992, Innsbruck) gilt als international bekannteste österreichische Fußballpersönlichkeit nach 1945. Als Abwehrchef bei Rapid Wien prägte er die Rolle des Ausputzers/Libero: souverän im Strafraum, technisch stark, taktisch reif. Er absolvierte 51 Länderspiele/5 Tore und gehörte zu den Protagonisten des WM-Dritten 1954. Seine Fans nannten ihn „Aschyl“ – und wegen seiner rauen, knappen Art blieb er vielen als „Grantler“ in Erinnerung.
Nach seiner Spielerzeit startete Happel eine außergewöhnliche Trainerkarriere in den Niederlanden, Belgien, Deutschland und Österreich. Zwischen 1958 und 1992 sammelte er 18 Titel mit sechs Vereinen – ein Rekordpfad, der ihm liebevoll den Ehrentitel „Wödmasta“ einbrachte.
Rapid-Ikone und Publikumsliebling
Happel wechselte 1938 aus der Rapid-Jugend in die Kampfmannschaft (Debüt während des Krieges) und wurde rasch zum Fixpunkt. Mit den Hütteldorfern feierte er mehrere Meisterschaften (darunter 1946, 1948, 1951, 1952, 1954, 1957) sowie den Cupsieg 1946 und gewann 1951 den Zentropacup – im Finale erzielte er selbst das späte 3:2. Stationen als Profi: SK Rapid Wien (mit kurzem Gastspiel Racing/RC Paris 1954–56).
Seine internationale Klasse zeigte sich früh: Happel wurde in eine FIFA-Weltauswahl gegen England berufen – eine hohe Auszeichnung jener Zeit.
Vom Taktiker zum Taktikpionier
Happel verstand Fußball als Gesamtsystem – er „las“ Spielsituationen blitzschnell und leitete Konsequenzen unmittelbar ab. Als Trainer entwickelte er Forechecking zum Pressing weiter, nutzte Offside-Falle und verlangte hohe Lauf- und Handlungsgeschwindigkeit. Sein Credo: „Dem Gegner den eigenen Stil aufzwingen.“
ADO Den Haag (ab 1962) war sein Lehrlabor, Feyenoord sein Durchbruch: 1970 gewann er als erster niederländischer Klub den Europapokal der Landesmeister (später Champions League) und holte den Weltpokal. Mit FC Brügge dominierte er Belgien (Meistertitelserie 1976–78) und erreichte 1978 sogar das Landesmeister-Finale. Beim Hamburger SV formte er eine Weltklasse-Mannschaft: Meister 1982, 1983, DFB-Pokal 1987 und vor allem Europapokal der Landesmeister 1983 (1:0 gegen Juventus). Damit wurde er erster Trainer der Geschichte, der Europas Königsklasse mit zwei verschiedenen Vereinen gewann (Feyenoord 1970, HSV 1983).
Oranje, Tirol und das letzte Kapitel
Als Teamchef der Niederlande führte Happel die Elftal 1978 ins WM-Finale (0:3 n. V. gegen Argentinien, Rensenbrinks Stangenschuss in der 91. Minute bleibt Symbol dieser verpassten Chance).
1987 kehrte Happel nach Österreich zurück: mit FC Swarovski Tirol wurde er Meister 1989 & 1990 und Cupsieger 1989.
Am 1. Jänner 1992 übernahm Happel schließlich als Herzensangelegenheit die österreichische Nationalmannschaft. Sein Ansatz: Stolz und innere Beziehung zur Nationalelf wiederbeleben. Er blieb nur elf Monate – am 14. November 1992 erlag er einer Krebserkrankung. Vier Tage später, beim 0:0 in Nürnberg gegen Deutschland, lag Happels Kappe symbolisch auf der Bank – ein stilles Requiem für den Wiener, der dem Fußball alles gab.
Persönlichkeit, Sprüche, Nachruhm
Happel war wortkarg, direkt, humorvoll-schroff – aber stets fußballerisch präzise. Legendär seine Sprüche („Haut’s eich in Koks!“ im Winter) und sein Umgang mit Medien: knapp, sachlich, ohne Show.
Seine Verdienste ehrte man vielschichtig: Umbenennung des Wiener Praterstadions in Ernst-Happel-Stadion, Silbernes Ehrenzeichen der Republik (1990) und – im Rahmen „100 Jahre ÖFB“ – die posthume Auszeichnung als „Österreichs Trainer des Jahrhunderts“. In Rotterdam erinnert die Ernst-Happel-straat an seine Ära.
Auf einen Blick
Zur Person:
– Geboren in Wien (1925), gestorben in Innsbruck (1992)
– Position: Innenverteidiger/Libero – technisch, taktisch, spielintelligent
– Spitznamen: „Aschyl“, „Wödmasta“, der „Grantler“
Größte Erfolge als Spieler:
– Österreichischer Meister mehrfach mit Rapid (u. a. 1946, 1948, 1951, 1952, 1954, 1957)
– ÖFB-Cupsieger 1946
– Zentropacup 1951 (Finaltor zum 3:2)
– WM 1954: 3. Platz; WM 1958: Gruppenphase
– 51 Länderspiele/5 Tore, Berufung in eine FIFA-Weltauswahl
Größte Erfolge als Trainer (Auswahl):
– 2× Europapokal der Landesmeister: Feyenoord 1970, HSV 1983
– Weltpokal 1970 (Feyenoord)
– Meistertitel: Niederlande (Feyenoord), Belgien (FC Brügge 1976–78), Deutschland (HSV 1982, 1983), Österreich (FC Swarovski Tirol 1989, 1990)
– Pokalsiege: Den Haag 1968, Standard Lüttich (Cupsieger), HSV 1987, Swarovski Tirol 1989
– Vize-Weltmeister 1978 (Niederlande)
Bilanz in einem Satz:
18 Titel mit sechs Vereinen in vier Ländern – plus zwei Landesmeister-Trophäen mit zwei Klubs und ein WM-Finale mit Oranje.
Warum Happel bleibt
Happel war kein Schönredner, sondern ein Systembauer. Er professionalisierte Pressing, Raumdeckung und Umschalten, forderte Disziplin und Eigenverantwortung – Ideen, die den modernen Fußball bis heute prägen. Deshalb bleibt der Wiener nicht nur eine österreichische Ikone, sondern eine europäische Referenz.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Happel
https://web.archive.org/web/20090525051310/http://www.wien.gv.at:80/freizeit/sportamt/annodazumal/biografien/happel.html
Titelbild (Quelle/copyright):
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Happel#/media/Datei:Ernst_Happel_1978.jpg
