Eduard „Edi“ Finger senior (1924–1989) war nicht nur eine prägende Stimme des österreichischen Rundfunks, sondern auch ein Pionier des Sportjournalismus. Seine emotionale und lebendige Berichterstattung, insbesondere während der Fußball-WM 1978 in Córdoba, machte ihn zu einer nationalen Ikone. Doch Fingers Bedeutung reicht über den Sport hinaus – er war auch ein Mann, der sich in einer Zeit des gesellschaftlichen Wandels für Bildung und sozialdemokratische Werte einsetzte.
Edi Finger war der wohl bekannteste Sportkommentator Österreichs. Seine Karriere begann 1946 beim Sender Alpenland, wo er erste Erfahrungen als Radioreporter sammelte. 1951 wechselte er zum ORF, wo er die Sportabteilung mit aufbaute und die ersten Live-Sportübertragungen im österreichischen Fernsehen moderierte.
Seine Reportagen waren geprägt von Leidenschaft und Präzision. Ob Fußball, Skirennen oder Formel 1 – Finger verstand es, die Zuhörerenden mitzureißen. Sein berühmtester Moment war die Radioreportage des WM-Spiels zwischen Österreich und Deutschland am 21. Juni 1978 in Córdoba. Als Hans Krankl das Siegestor erzielte, rief Finger euphorisch: „Tooor, Tooor, Tooor, … I wear narrisch!“ Dieser Ausruf wurde zu einem geflügelten Wort und symbolisiert bis heute den Triumph des österreichischen Fußballs.
Fingers Reportagen waren mehr als nur Spielbeschreibungen – sie waren emotionale Erlebnisse, die die Zuhörerenden mitten ins Geschehen versetzten. Seine Arbeit trug maßgeblich dazu bei, den Sport in Österreich populär zu machen und die Identifikation der Bevölkerung mit ihren Sportlern zu stärken.
Bildung: Vom Arbeiterkind zum Ingenieur
Edi Finger stammte aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Gelegenheitsarbeiter, und die Familie lebte in bescheidenen Verhältnissen. Trotz der finanziellen Schwierigkeiten ermöglichten seine Eltern ihm den Besuch der Höheren Bundesgewerbeschule in Klagenfurt, wo er 1943 die Matura ablegte. Anschließend begann er ein Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Wien, das er jedoch aufgrund des Zweiten Weltkriegs nicht abschließen konnte. Fingers Bildungsweg war bemerkenswert, denn er zeigt, wie wichtig Bildung für den sozialen Aufstieg war – und ist. Sein technischer Hintergrund brachte ihm später den Titel „Ingenieur“ ein, den er stolz trug. Finger war ein Beispiel dafür, wie Bildung Barrieren überwinden und neue Perspektiven eröffnen kann.
Edi Finger war nicht nur ein Sportjournalist, sondern auch ein Mann mit sozialdemokratischen Überzeugungen. In der Nachkriegszeit engagierte er sich bei den Roten Falken, einer der sozialdemokratischen Jugendorganisationen. Dieses Engagement spiegelt seinen Glauben an eine gerechtere Gesellschaft wider, in der Bildung und Chancengleichheit für alle zugänglich sein sollten. Seine Berichterstattung war stets von Respekt und Fairness geprägt. Finger verstand es, die menschlichen Geschichten hinter den sportlichen Leistungen zu erzählen und damit auch soziale Themen in den Fokus zu rücken.
Edi Finger war mehr als nur eine Stimme im Radio – er war ein Pionier, der den Sportjournalismus in Österreich revolutionierte. Seine Reportagen brachten den Sport näher an die Menschen und schufen gemeinsame Erlebnisse, die Generationen von Österreichern prägten.
Sein Einsatz für Bildung und soziale Gerechtigkeit zeigt, dass Finger nicht nur ein begnadeter Journalist, sondern auch ein Mensch mit Visionen war. Er steht für eine Zeit, in der der Sport nicht nur Unterhaltung, sondern auch ein Mittel zur gesellschaftlichen Integration und Identifikation war.
Quellen
- Aglas, Gernot W. K.: Ing. Edi Finger / Weltberühmt am 21. Juni 1978. In: oepb/Redaktion Österreichisches Pressebüro, 2018.
- Meuren, Daniel: Ror Wolfs Radio-Collage: Cordoba als Kunstwerk. In: Frankfurter Allgemeine, 16. Juni 2008.
- Eichler, Christian: 25 Jahre nach Cordoba: Als Hans Krankl Edi Finger ganz „narrisch“ machte. In: Frankfurter Allgemeine, 21. Juni 2003.
- Peyerl, Ricardo: „I wer’ narrisch“ ist keine Leistung. In: kurier.at, 7. Dezember 2013.
- Österreichisches Pressebüro: Ing. Edi Finger – ein Leben für den Sport.