Am 9. Oktober 2024 jährt sich der Tod von Oskar Schindler zum 50. Mal. Schindler, geboren am 28. April 1908 in Zwittau (heute Svitavy, Tschechien), ist eine der bedeutendsten, aber auch widersprüchlichsten Figuren des 20. Jahrhunderts. Er ist vor allem für die Rettung von mehr als 1.000 Juden während des Holocaust bekannt, eine Tat, die ihn posthum zu einem Helden der Menschlichkeit machte. Sein Name steht heute sinnbildlich für moralischen Mut in einer Zeit des unvorstellbaren Grauens.
Oskar Schindler war ein Geschäftsmann, der zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nach Krakau zog, um von den wirtschaftlichen Vorteilen der deutschen Besatzung zu profitieren. 1939 übernahm er eine ehemalige jüdische Emaillefabrik, in der er zunächst vor allem daran interessiert war, die Zwangsarbeiter*innen für seinen eigenen Profit auszunutzen. Doch im Laufe der Zeit wandelte sich sein Verhalten dramatisch. Schindler erkannte das Ausmaß der Verbrechen der Nazis und setzte schließlich alles daran, so viele Menschenleben wie möglich zu retten.
In der berüchtigten Liste, die später als „Schindlers Liste“ bekannt wurde, sicherte er über 1.000 jüdische Zwangsarbeiter*innen, die in seiner Fabrik arbeiteten, vor der Deportation in die Vernichtungslager. Die Rettung dieser Menschen erfolgte oft unter enormem persönlichem Risiko, da Schindler sich durch Bestechung, Manipulation und geschickte Verhandlungen gegen das NS-Regime stellte.
Schindlers Lebensgeschichte ist jedoch nicht frei von Widersprüchen. Er selbst war Mitglied der NSDAP und profitierte zu Beginn des Krieges von der Enteignung jüdischen Besitzes. Auch sein persönliches Leben war von einer gewissen moralischen Ambivalenz geprägt. Als Lebemann und Genussmensch stand er oft im Konflikt mit seiner eigenen Rolle als Retter. Dennoch zeigt seine Geschichte, dass auch Menschen mit Schwächen und unklaren Motiven in entscheidenden Momenten das Richtige tun können.
Diese Widersprüchlichkeit machte ihn nach dem Krieg zu einer ambivalenten Figur. Während die von ihm geretteten „Schindlerjuden“ ihm lebenslange Dankbarkeit entgegenbrachten, lebte Schindler nach dem Krieg ein weitgehend verarmtes und ruhiges Leben. Seine Geschäftsbemühungen nach 1945 blieben erfolglos, und er verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Argentinien, Deutschland und Israel, weitgehend auf die finanzielle Unterstützung der jüdischen Gemeinschaft angewiesen.
Es war vor allem das 1982 erschienene Buch „Schindler’s Ark“ von Thomas Keneally und der spätere Hollywood-Film Schindler’s List von Steven Spielberg, der 1993 erschien, der Schindlers Geschichte zu weltweiter Bekanntheit verhalf. Der Film zeigte eindrucksvoll das Ausmaß des moralischen Dilemmas, in dem sich Schindler befand, und hob seine mutige Entscheidung hervor, Menschenleben über seinen eigenen Vorteil zu stellen.
Die Tatsache, dass Schindler seine Privilegien als Teil der nationalsozialistischen Wirtschaft nutzte, um Leben zu retten, hebt seine Taten als außergewöhnlich hervor. In einer Zeit, in der der individuelle Widerstand gegen das NS-Regime extrem gefährlich war, entschied er sich, einen Weg der Menschlichkeit zu gehen, der ihn sein Vermögen und fast sein Leben kostete.
Schindler starb am 9. Oktober 1974 in Hildesheim, Deutschland, verarmt und krank. Er wurde jedoch mit einer der höchsten Ehren bestattet: auf dem katholischen Friedhof auf dem Zionsberg in Jerusalem – ein außergewöhnliches Privileg, das ihm als Nicht-Juden zuteilwurde. Seine Grabinschrift lautet: „Der unvergessliche Retter 1200 verfolgter Juden.“
Am 50. Todestag Oskar Schindlers sollten wir uns daran erinnern, dass moralischer Mut oft von den unerwartetsten Menschen ausgeht und dass jeder Einzelne die Möglichkeit hat, für das Gute einzustehen – unabhängig von den persönlichen oder politischen Umständen.
Heute ist Oskar Schindler eine zentrale Figur in der Erinnerungskultur des Holocaust. Sein Leben zeigt, dass auch inmitten des Schreckens Akte der Menschlichkeit möglich sind. Sein Vermächtnis ist eine Mahnung daran, dass es in den dunkelsten Stunden der Geschichte immer auch Einzelne gibt, die das Licht der Hoffnung aufrechterhalten.
Literatur und Quellen:
- Thomas Keneally, Schindler’s Ark, 1982.
- Steven Spielberg, Schindler’s List (Film), 1993.
- David M. Crowe, Oskar Schindler: The Untold Account of His Life, Wartime Activities, and the True Story Behind the List, 2004.
Bild: Von Yoninah – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10793299