Steigende Mieten und wachsender Wohnungsbedarf – die SPÖ O.Ö warnt vor versäumten Chancen im geförderten Wohnbau in Oberösterreich
Faktencheck zeigt: Während tausende Oberösterreicher:innen auf eine geförderte Wohnung warten, bleiben Millionen an Wohnbaumitteln ungenutzt.
Vor kurzer Zeit warf der neue Vorsitzende der SPÖ OÖ, Landesrat Martin Winkler, dem freiheitlichen Wohnbaureferenten in der Landesregierung, Manfred Haimbuchner, vor, finanzielle Mittel einer „Wohnbaumilliarde“ des Bundes nicht abzuholen. Dieser konterte, Oberösterreich sei aufgrund eines kontinuierlichen Wohnbauprogramms ohnedies Spitzenreiter in Österreich und werde außerdem durch die Kriterien des Bundes benachteiligt. Ein guter Zeitpunkt also, sich damit auseinanderzusetzen, wie es ums Wohnen in Oberösterreich bestellt ist.
Statistische Einordnungen
Mehr als 1,5 Millionen Menschen leben aktuell in Oberösterreich, aufgeteilt auf gut 660.000 Haushalte, davon bereits rund 36 Prozent Ein-Personen-Haushalte. Sowohl die Bevölkerung als auch der Anteil der Ein-Personen-Haushalte wachsen in unserem Bundesland kontinuierlich, was natürlich eine Herausforderung für die Wohnbaupolitik darstellt. Rund 423.000 Gebäude zählt unser Bundesland, in denen mehr als 770.000 Wohnungen untergebracht sind. Dabei leben die Oberösterreicher:innen immer noch mehrheitlich im Eigentum: fast 44 Prozent geben an, im eigenen Haus zu wohnen, rund neun Prozent verfügen über Wohnungseigentum, mehr als ein Drittel wohnt zur Hauptmiete (Quelle: Statistik Austria, Land Oberösterreich).
Eine besondere Rolle beim Vermieten kommt in Oberösterreich den Gemeinnützigen Bauvereinigungen zu. Sie unterliegen dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und haben dadurch u.a. besonders strenge Regeln für die Mietpreisbildung. Rund 190.000 Wohneinheiten werden in Oberösterreich von den Gemeinnützigen betreut, sie sorgen dafür, dass sich die Mietkosten in Oberösterreich in der Vergangenheit stabiler als anderswo entwickelt haben. Freilich kann auch das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wohnkosten in den letzten Jahren auch in Oberösterreich immer mehr zu den großen Alltagssorgen der Menschen geworden sind.
Sozialdemokratische Wohnpolitik
Für die Sozialdemokratie ist Wohnen ein Grundrecht und Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sozialdemokratische Wohnpolitik verfolgt daher das Ziel, durch die soziale Beeinflussung von Marktmechanismen bezahlbaren Wohnraum und damit eine der wesentlichen Grundlagen für soziale Teilhabe zu sichern. Dazu nutzen wir mehrere Wege: mit Hilfe der Gemeinnützigen Bauvereinigungen stellen wir ein ausreichend stark gefördertes und reglementiertes Angebot am Wohnungsmarkt zur Verfügung, wodurch die Preisbildung auf diesem Markt kostendämpfend beeinflusst wird. Die Wohnbauförderung ermöglicht natürlich auch Eigentumsbildung, etwa für klassische „Häuslbauer“, die Wohnbeihilfe wiederum ist eine individuelle Subjektförderung, um beim zu großen Auseinanderklaffen von Einkommen und Wohnkosten zu unterstützen. Insbesondere die jetzige Bundesregierung mit Wohnminister und Vizekanzler Andreas Babler setzt stärker auf reglementierende Markteingriffe, etwa mit einer Mietpreisbremse.
Neben der Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum ist sozialdemokratischer Wohnpolitik auch die soziale Durchmischung in Ballungsräumen ein besonderes Anliegen. Deshalb zielen wir bei Wohnbau und Stadtentwicklung darauf ab, soziale Segregation („Ghettobildung“) zu vermeiden und vielfältige, inklusive Stadtquartiere zu schaffen. Dass österreichischen, speziell sozialdemokratisch regierten Städten Konflikte wie in anderen größeren Kommunen (etwa in den französischen Banlieues) noch erspart geblieben sind, hängt unter anderem mit dieser Politik zusammen.
Nachhaltigkeit und Klimawandel sind in den vergangenen Jahrzehnten zu weiteren Schwerpunkten sozialdemokratischer Wohnbaupolitik geworden. Der bislang letzte sozialdemokratische Wohnbaureferent in der oberösterreichischen Landesregierung, Hermann Kepplinger, hat hier im Hinblick auf die ökologische Transformation oder etwa bei der Barrierefreiheit besondere Standards gesetzt, die von seinem freiheitlichen Nachfolger größtenteils wieder zurückgenommen wurden. Damit wurde das Bauen in Oberösterreich zwar wieder billiger, inwieweit uns diese niedrigeren Standards in der Zukunft einholen und möglicherweise teure Nachrüstbedarfe nach sich ziehen werden, wird sich weisen.
„Bauen, bauen, bauen“
Das bringt mich zurück zur eingangs erwähnten Auseinandersetzung zwischen dem SPÖ-Vorsitzenden Landesrat Martin Winkler und dem freiheitlichen Wohnbaureferenten Manfred Haimbuchner. Noch die Vorgängerregierung der jetzigen Bundesregierung hat ein Wohnbaupaket ausgeschrieben, mit dem eine Milliarde Euro für den Wohnbau zur Verfügung gestellt wurde. Davon wären rund 160 Millionen Euro für Oberösterreich zur Verfügung gestanden. Martin Winkler kritisiert, dass diese Mittel nicht für den Wohnbau in Oberösterreich abgeholt würden. Dadurch würde man wertvolles Geld der Bauwirtschaft vorenthalten, die es zur Ankurbelung der Konjunktur dringend bräuchte, und die Mietpreise am Markt würden dadurch weniger gebremst werden, als möglich. Haimbuchner kontert, aufgrund einer kontinuierlichen Bauleistung von rund 2.000 Mietwohnungen jährlich wäre ein Abrufen dieses Geldes gar nicht möglich, da es nur für zusätzliche Wohneinheiten zur Verfügung stehen würde, und das sei weder bedarfsorientiert noch machbar. Dem kann leicht widersprochen werden: Baufirmen und Gemeinden stünden bereit, diese zusätzliche Bauleistung im von der Bundesregierung vorgesehenen Zeitraum auf den Boden zu bringen. Der Bedarf ist dabei jedenfalls gegeben: Allein im Vorjahr ist die Zahl der bei den Gemeinnützigen Bauvereinigungen als wohnungssuchend angemeldeten Haushalte um zehn Prozent auf über 57.000 gestiegen – das betrifft mehr als 100.000 Menschen, die eine geförderte Mietwohnung dringend brauchen würden. Martin Winkler behält also wohl recht: Für die Konjunktur und die Sicherung des Wohnbedarfs heißt es „bauen, bauen, bauen“.
Autor: Peter Binder
Peter Binder ist seit 2017 Vorsitzender der Mietervereinigung Oberösterreich und seit 2021 Wohnbausprecher der SPÖ im oberösterreichischen Landtag.
Quelle/Titelbild und Link zur Gesamtausgabe: https://renner-institut.spooe.at/2025/11/25/bildungskurier-4-2025/Fotocredits: Volker Weihbold