„Politik ist für mich den Menschen zuhören und das Gehörte in einer Form umsetzen, dass es für die Menschen in OÖ einen positiven Unterschied in ihrem Leben macht.“
Vor Ort statt weit weg – Landesrat und SP-Landesparteivorsitzender Martin Winkler tourt durch Oberösterreich
Martin Winkler ist neu gewählter Landesparteivorsitzender der SPÖ OÖ. Im Interview mit dem Bildungskurier spricht er über seine Biografie, Herausforderungen und Chancen für Oberösterreich sowie über sein Motto „Mehr Energie für Oberösterreich“.
Bildungskurier:In den 1980er Jahren warst du Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Linz, 1990 bis 92 dann noch Vorsitzender der SJ Österreich – danach dann Unternehmer. Fast 35 Jahre nach deiner Zeit bei der Sozialistischen Jugend wirst du Vorsitzender der SPÖ Oberösterreich. Wie kam es zu diesen ungewöhnlichen biografischen Abzweigungen?
Winkler: Ich hatte 1989 nach meinem Studienabschluss bei der voestalpine zu arbeiten begonnen. Zuerst in der Kostenrechnung des Stahlwerks und dann in der Bankabteilung der Stahl AG. Ich hatte bereits eine berufliche Karriere begonnen und der Bundesvorsitzende der SJ ist 1990 komplett ungeplant „passiert“. Es war für mich persönlich eine spannende Erfahrung, aber ich wollte nicht Berufspolitiker werden. In meiner Familie war ganz klar vorgegeben, dass man sich eine eigene berufliche Basis außerhalb der Politik schafft. Das habe ich dann auch in Wien gemacht. Ende 2024 haben meine Mitgesellschafter und ich unsere Firma verkauft. Ich wollte mich wieder etwas mehr politisch engagieren, aber natürlich örtlich in Wien. Die Vorsitzrolle für die SPÖ in Oberösterreich ist wieder komplett ungeplant aufgetaucht. Das Leben bietet offenbar für mich mehrere Überraschungen. Ich brenne jetzt für diese Aufgabe und habe große Freude daran.
Bildungskurier: In Oberösterreich gibt es nach wie vor eine Proporzregierung, aber seit 2015 dominieren ÖVP und FPÖ gemeinsam die Landespolitik durch ein Regierungsübereinkommen, die SPÖ ist nur noch drittstärkste Partei. In aktuellen Umfragen liegen die Freiheitlichen vor der Volkspartei. Wie würdest du die politische Ausgangslage – etwas über zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl – beschreiben?
Winkler:Die von der ÖVP geführte Regierung hat mit den Beitragstätern der FPÖ durch die Hintertüre das Proporzsystem in OÖ praktisch abgeschafft. Als SPÖ-Landesrat verantworte ich nur 1,33 % des Landesbudgets und nach Proporz (gemessen am letzten Wahlergebnis) sollten es fast 20 % sein. Die SPÖ OÖ wird nicht fair behandelt und wir werden das politisch thematisieren. Die FPÖ schwimmt als rechtsnationale Partei auch in OÖ auf einer Erfolgswelle. Es gelingt der FPÖ, sich weiterhin als „Wutpartei“ zu positionieren, obwohl sie seit 10 Jahren in Regierungsverantwortung in OÖ ist. Wir müssen klar darstellen, dass alle Themen, die in OÖ nicht passen, in der Verantwortung der FPÖ und der von LH-Stv. Haimbuchner liegen. Wir sind die einzige große Oppositionspartei in OÖ. Wer etwas ändern will, der muss SPÖ OÖ wählen. Wir müssen für die Zukunft des Landes OÖ die besseren Antworten anbieten. Daran arbeiten wir.
Bildungskurier: Um wieder eine wichtige Rolle in der Landespolitik zu spielen, muss die SPÖ bei den nächsten Wahlen also ein kräftiges Plus einfahren, wie soll das erreicht werden?
Winkler: Wir müssen in drei Teichen fischen. Zum einen müssen wir Nichtwählerinnen und Nichtwähler ansprechen, die schon einmal die SPÖ gewählt haben. Das sind in OÖ sehr viele. Ich denke, dass ich für diese Zielgruppe ein attraktives Angebot bin. Dann haben wir die Wählerinnen und Wähler, die über die letzten 30 Jahre in Richtung FPÖ abgewandert sind. Bei dieser Zielgruppe müssen wir als SPÖ unsere Glaubwürdigkeit stärken und bei den Menschen ganz stark vor Ort präsent sein. Das mache ich selbst mit meinen Hausbesuchen im ganzen Land und hoffe, dass ich mit meinem Vorbild viele Funktionärinnen und Funktionäre mobilisieren kann, die ebenfalls Hausbesuche machen. Die dritte Zielgruppe sind die Wählerinnen und Wähler der ÖVP. Als ehemaliger Unternehmer rechne ich mir auch dort recht gute Chancen aus.
Bildungskurier: Mit dem Spruch „Mehr Energie für Oberösterreich“ ziehst du seit einigen Monaten durch das Land, was sind die Inhalte hinter diesem Slogan?
Winkler:Die hohen Strom- und Gaspreise nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine haben eine Inflation in dramatischer Höhe in der EU und insbesondere in Österreich ausgelöst. Das erschwert das Leben der Menschen in Österreich und verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe. Wir müssen die Energiepreise niedrig halten, weil sie den Preis jeden Produkts und jeder Dienstleistung beeinflussen. Dafür brauchen wir ein höheres Stromangebot und neue Kraftwerke. Wir legen in den nächsten Jahren das Fundament für die Zukunft Oberösterreichs im Bereich der KI-Anwendung in unserer Industrie. Dafür benötigen wir sehr viel mehr Strom. Zudem müssen wir die Abhängigkeit von Öl und Gas reduzieren und auch dafür brauchen wir mehr Strom. Wir müssen in OÖ 10 Milliarden Euro in den nächsten 5 Jahren in neue Kraftwerke und Speicher investieren.
Bildungskurier: Für einen Erfolg bei den Wahlen 2027 ist aber auch eine aktive sozialdemokratische Partei notwendig, wie willst du diesen Energieschub erreichen?
Winkler: Aus meiner Sicht braucht es für einen politischen Erfolg ein attraktives politisches Programm für Oberösterreich, eine hohe persönliche Motivation der Funktionärinnen und Funktionäre der SPÖ OÖ sowie politische und persönliche Glaubwürdigkeit bei den Wählerinnen und Wählern. Wir werden am Parteitag am 13. September 2025 einen Plan für Oberösterreich beschließen. Dieser bildet die programmatische Grundlage dafür, wie wir die Menschen ansprechen. Ich toure durch das gesamte Bundesland, um die Funktionärinnen und Funktionäre zu motivieren. Das läuft recht erfreulich an. Zudem besuche ich in allen Gemeinden möglichst viele Haushalte, um an der persönlichen und politischen Glaubwürdigkeit unserer Partei und meiner Person zu arbeiten. Dafür braucht es viel Energie, aber man bekommt auch sehr viel Energie zurück. Politik ist für mich den Menschen zuhören und das Gehörte in einer Form umsetzen, dass es für die Menschen in OÖ einen positiven Unterschied in ihrem Leben macht. In meinem Leben hat gute sozialdemokratische Politik einen echten Unterschied gemacht. Das will ich in OÖ wiederholen und dafür arbeite ich.
Martin Winkler ist seit Juli 2025 Landesrat und seit September 2025 neuer Landesparteivorsitzender der SPÖ OÖ. Er will mit viel Motivation und seiner Erfahrung Oberösterreich zukunftsfit machen.

Foto: Familienfest Freistadt, (c) MecGreenie
Quelle/Titelbild und Link zur Gesamtausgabe: https://renner-institut.spooe.at/2025/09/10/bildungskurier-3-2025/ Fotocredits: Antje_Wolm