4. Juli 2025: Fritz Brügel – Wort, Widerstand, Exil. Zum 70. Todestag eines sozialistischen Intellektuellen

Ein kämpferischer Intellektueller, ein sozialdemokratischer Publizist, ein politisch verfolgter Emigrant: Fritz Brügel, geboren 1897 in Wien, starb am 4. Juli 1955 im Londoner Exil. Sein Leben steht exemplarisch für Engagement, Bildung und antifaschistischen Widerstand.

Der Sohn eines Sozialisten – Herkunft und frühe Jahre

Fritz Brügel wurde 1897 in Wien geboren, wuchs in Prag auf und war der Sohn des Historikers Ludwig Brügel, Verfasser einer umfassenden Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie und 1942 im Ghetto Theresienstadt ermordet. Nach seinem Kriegsdienst studierte Fritz Brügel Geschichte in Wien und promovierte 1921 über die Deutschen in Böhmen. Bereits in jungen Jahren engagierte er sich in der sozialdemokratischen Bildungsarbeit.


Bildung, Kultur, Kritik – Brügels Wirken in der Ersten Republik

Von 1922 bis zum Verbot der Sozialdemokratie 1934 leitete Brügel die Sozialwissenschaftliche Studienbibliothek der Wiener Arbeiterkammer. Er baute sie zu einer der international bedeutendsten Sammlungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung aus. Parallel schrieb er für die Arbeiter-Zeitung, war als Theaterkritiker aktiv und veröffentlichte Gedichtbände wie Zueignung (1923) und Klage um Adonis (1931). Für viele Texte nutzte er das Pseudonym Wenzel Sladek.

Auch als Mitbegründer der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller 1933 und Verwaltungsbeirat der Rundfunkgesellschaft RAVAG war Brügel kulturpolitisch präsent. Aus Protest gegen den wachsenden Antisemitismus an Universitäten zerriss er 1931 sein Doktordiplom öffentlich – ein symbolischer Akt des Widerstands.


„Die Arbeiter von Wien“ – Brügel als Stimme des Widerstands

Fritz Brügel gilt als Autor des sozialistischen Kampflieds „Die Arbeiter von Wien“, das ab 1926 in Arbeiterkreisen gesungen wurde. Das Lied wurde zur Hymne der Februarkämpfe 1934 – ebenso wie seine Februarballade, die den ermordeten Schutzbund-Kämpfern gewidmet war.


Emigration und diplomatische Laufbahn

Nach dem Februaraufstand 1934 floh Brügel in die Tschechoslowakei. Dort wurde ihm 1935 die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt, woraufhin er die tschechische annahm. In den folgenden Jahren arbeitete er als Legationsrat im Prager Außenministerium, reiste in die Sowjetunion und veröffentlichte zahlreiche politische und literarische Beiträge.

1938 zwang ihn das Münchner Abkommen zur Flucht nach Paris, wo er die „Liga für ein geistiges Österreich“ mitbegründete. 1941 gelang ihm gemeinsam mit seiner Frau Vera Dubska die Flucht nach England, wo er im Exil für die tschechoslowakische Regierung und für Exilmedien wie den Zeitspiegel tätig war.


Rückkehr, Bruch, Exil – die Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Brügel in die Tschechoslowakei zurück und wurde Diplomat. Von 1946 bis 1949 leitete er die tschechoslowakische Militärmission in Berlin. Aus Protest gegen stalinistische Repressionen und politische Säuberungen legte er 1950 alle Ämter nieder und emigrierte erneut nach London – verarmt, aber standhaft.

Am 4. Juli 1955 verstarb Fritz Brügel mit nur 58 Jahren im britischen Exil. Seine Frau Vera nahm sich ein Jahr später das Leben.


Werk und Vermächtnis

Brügels Werk umfasst Lyrik, politische Essays, Nachdichtungen griechischer Dramen und historische Studien. Besonders bekannt sind:

  • Zueignung (1923)
  • Der Weg der Internationale (1931)
  • Februarballade (1935)
  • Verschwörer (1948, Roman)
  • zahlreiche Beiträge für die Zeitschriften Der Kampf, Arbeiter-Zeitung, Zeitspiegel

Ein Teilnachlass befindet sich heute in der Wienbibliothek im Rathaus.


Erinnerung an einen politischen Dichter

Fritz Brügel steht für das idealistische Engagement der sozialistischen Intelligenz der Zwischenkriegszeit. Er war Chronist, Kämpfer und Flüchtender – ein Beispiel dafür, wie untrennbar Kultur, Politik und Widerstand miteinander verbunden sein können.

Quellen:

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Fritz_Br%C3%BCgel

https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Br%C3%BCgel

https://www.dasrotewien.at/seite/bruegel-fritz (Quelle auch für Titelbild)

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