Franziska Fast – 100 Jahre Engagement für Menschlichkeit und Gerechtigkeit
Am 18. Mai 2025 wäre Franziska Fast 100 Jahre alt geworden. Sie war Arbeiterin, Gewerkschafterin, Staatssekretärin, Volksanwältin – vor allem aber war sie eine leidenschaftliche Kämpferin für soziale Gerechtigkeit, Frauenrechte und Solidarität. Ihr Leben lang stellte sie den Menschen in den Mittelpunkt ihres Wirkens.
Eine Kindheit, die prägte
Franziska Fast wurde 1925 in Wien-Ottakring geboren – als eines von vier Kindern einer katholischen Arbeiter*innenfamilie. Die Weltwirtschaftskrise, politische Repressionen und beengte Wohnverhältnisse prägten ihre Jugend. Als ihr Vater – ein bekennender Sozialist – arbeitslos wurde, erlebte die Familie Hunger und Not. Erfahrungen, die ihr Engagement für die sozial Schwächsten zeitlebens beeinflussten.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie 1939 als Dienstmädchen dienstverpflichtet. Nach Kriegsende engagierte sie sich in der wieder gegründeten Volkshilfe – für Franziska Fast war Solidarität von Anfang an gelebte Praxis.
Vom Fabrikboden zur Stimme der Arbeitenden
1951 stieg Fast nach kurzer Zeit als Hausfrau wieder ins Berufsleben ein. Bei der Firma Austria Email AG wurde sie zur angelernte Emailliererin – ein Männerberuf, wie man damals sagte. Schon bald engagierte sie sich als Betriebsrätin und wurde 1956 zur Betriebsratsobfrau gewählt. Damit brach sie die kommunistische Mehrheit im Betriebsrat und setzte ein starkes Zeichen als sozialdemokratische Frau in einer männlich dominierten Branche.
Ihr gewerkschaftlicher Weg führte sie zur Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie, wo sie ab 1965 als Sekretärin arbeitete. Parallel dazu absolvierte sie die Sozialakademie der Arbeiterkammer Wien – eine Art „Arbeiter*innenhochschule“, die sie politisch weiterbildete.
Politischer Aufstieg: Für Frauen, Familien und soziale Fairness
Franziska Fast war ab 1964 in der Kommunalpolitik aktiv: Bezirksrätin in Ottakring, später Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin in Wien. 1979 holte Bundeskanzler Bruno Kreisky sie als Staatssekretärin für Frauenfragen in die Bundesregierung. Hier kämpfte sie u.a. für:
- gesetzliche Elternkarenz für Männer
- flächendeckende Kinderbetreuung
- Bekämpfung von Diskriminierung in Kollektivverträgen
- bessere Ausbildungschancen für Mädchen
Ihr Credo: Gleichstellung beginnt nicht im Job, sondern in der Schule.
Erste Volksanwältin Österreichs
1983 wurde Franziska Fast als erste Frau zur Volksanwältin der Republik Österreich bestellt. Sechs Jahre lang – bis 1989 – setzte sie sich mit Nachdruck für sozial Benachteiligte, Ältere, Alleinerziehende und Menschen in schwierigen Lebenslagen ein.
Sie forderte unbürokratische Lösungen, Menschlichkeit im Umgang mit Behörden und echte Teilhabe für alle. Damit verlieh sie dem Amt eine neue gesellschaftliche Relevanz.
Präsidentin der Volkshilfe Wien – Sozialpolitik mit Herz und Verstand
1991 übernahm Fast die Präsidentschaft der Volkshilfe Wien. Unter ihrer Leitung entstanden zahlreiche innovative Sozialprojekte, etwa:
- ein Reisedienst und Freizeiteinrichtungen für alleinerziehende Mütter
- neue Unterstützungsangebote für armutsgefährdete Familien
- Programme für alleinstehende ältere Menschen in Pflegeheimen
- FAWOS – die Fachstelle für Wohnungssicherung, gegründet 1996, die bis heute Wohnungslosigkeit erfolgreich verhindert
Für Franziska Fast war ihr Engagement kein Ehrenamt, sondern Verpflichtung. Oder wie sie selbst sagte:
„Ich hatte Glück in meinem Leben – also habe ich die Verpflichtung, auch anderen zu helfen.“
Bleibende Erinnerung und Ehrungen
Franziska Fast starb 2003 in Wien. Ihre letzte Ruhestätte befindet sich am Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf.
Ihr Engagement wurde vielfach gewürdigt:
- Große Silberne Ehrenzeichen am Bande der Republik Österreich
- Julius-Tandler-Medaille
- Franziska-Fast-Gasse in Wien-Donaustadt (seit 2005)
- Wohnhaus Franziska Fast der Volkshilfe Wien in Mariahilf (seit 2012)
- Franziska-Fast-Ehrenmedaille der Volkshilfe Wien (seit 2003)
Ihr Vermächtnis – aktueller denn je
Franziska Fast war eine Pionierin. Sie stand für soziale Verantwortung, Gleichstellung und Menschlichkeit. In Zeiten wachsender Ungleichheit erinnert ihr Leben uns daran, dass echter Wandel mit Mut, Empathie und Entschlossenheit beginnt.
Zum 100. Geburtstag gedenken wir einer außergewöhnlichen Frau, deren Einsatz weit über ihre eigene Generation hinaus wirkt. Ihr Vorbild inspiriert – heute mehr denn je.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Franziska_Fast
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Franziska_Fast
https://www.volkshilfe-wien.at/franziska-fast/
https://www.frauenmachengeschichte.at/franziska-fast/
https://dasrotewien.at/seite/fast-franziska
Bild:
https://dasrotewien.at/seite/fast-franziska (Foto: Volkshilfe)